17 von Bill Drummond :: Buch des Monats:

Ein Manifest für die Zukunft der Musik. V Oder zumindest ein Werkzeug zum Umbau von Weltbildern. Und ein großer Lesespaß. Wer unvorbereitet in „17“ hineinliest, könnte Bill Drurnmond für einen esoterischen Irren halten, müsste aber zugeben, nie einen esoterischen Irren getroffen zu haben, der so klar, stringent, ohne wolkiges Geblüm erzählt und argumentiert. Das war schon in „45“ so, wo er ganz nüchtern u. a. berichtete, wie er die Tourneekarriere von Echo & The Bunnymen anhand von interkontinentalen „ley lines“ plante, eine ganze Riege virtueller Heavy-Metal-Bands erdachte und zu künstlerischen Zwecken eine Million Pfund verbrannte. Alles nur ein winziger Ausschnitt aus dem ungeheuren Schaffen des „Kulturmagiers“, den ein britisches Magazin „die coolste Person im Pop“ nannte und mit dem Monolithen in „2001: A Space Odyssey“ verglich, der sich auch mal in die Chefetagen der Musikindustrie verirrte, ihnen wieder entfloh und mit Timelords und KLF den ganzen Laden ad absurdum führte. Diesmal geht’s an die Fundamente: Drummond, wie immer ebenso überzeugt wie überzeugend, fordert dazu auf, sich aller früheren Formen der Musik und des Musikmachens zu entledigen und ganz neu anzufangen – ohne Aufnahmen, CDs, Copyright und andere überkommene Sperenzchen. Wie er zu dieser Idee kam („Strawberry Fields Forever“ spielte dabei ebenso eine Rolle wie Arvo Part) und wie sie umzusetzen ist, erzählt er in seiner ganz eigenen Mischung aus Plauderton und Manifestsprache, gibt Handlungsanweisungen in Form von „Scores“, die selbst den Unmusikalischsten beim bloßen Lesen in einen künstlerisch denkenden Menschen verwandeln – inzwischen haben fast 1.500 Sänger weltweit an Aufführungen von „The 17“ teilgenommen… Niemand sonst macht sich so viele so grundsätzliche Gedanken über Popmusik als solche, niemand kann sie in derart abenteuerliche, aber schlüssige Ideen verwandeln, niemand das alles so spannend, amüsant, weise und literarisch wie künstlerisch überzeugend formulieren. Was immer man von Drummonds Ideen hält – dies ist ein erstaunliches, hinreißendes, für musikalisch denkende Menschen unverzichtbares Buch und ein Schmuckstück fürs Bücherregal, bei dem man sich fragt, wie der kleine Indie-Verlag es sich leisten kann, etwas gestalterisch und handwerklich derart schön und würdevoll Gemachtes zu einem Preis anzubieten, für den man normalerweise kaum einen x-beliebigen Wegwerfroman aufkratzig-grauem Klopapier kriegt.

WWW.the17.org