Add N To :: Stark

Liebe Leser, hören Sie diese Band, bevor sie endgültig berühmt wird! Erwerben Sie dieses Album, bevor Sie ins Jahr 2000 gehen. Der Hype kann jeden Tag Realität werden. Live geben Ann Shenton, Barry Smith und Steve Claydon sowieso schon den coolsten, infernalischsten Set der Welt, auf ihrem Debüt-Album ON THE WIRES OF OUR NERVES injizierten Add N To (X) ihren Computersounds den vollen Inhalt einer Ampulle Rock ’n‘ Roll. Die Unberechenbarkeit dieses Ergebnisses wird auf AVANT HARD unerschrocken fortgesetzt. Es gibt Leute, die für diese Musik einen Waffenschein fordern. Doch seien wir gerecht: Manchmal klingen Add N To (X) wie ein Leierkasten, den man versehentlich an die Steckdose angeschlossen hat. Dann gelingt ihnen ein veritabler Pop-Hit, schließlich legen sie die Welt elektronischer Klangerzeugung in Schutt und Asche. Nicht übel also. „Robot New York“ ist das größte Stück Maschinen-Musik dieses Jahres, hochmelodisch, enervierend, tempostark und auf eine Art hymnisch, die man einfach lieben muß. Wer die beiden Kraftwerk-Platten RADIOAKTIVITÄT und RALF & FLORIAN zu seinen Favoriten zählt, wird hier mit einem neuen Evergreen bedient. AVANT HARD ist Musik von der Sorte, die auch in zehn Jahren noch modern genannt werden wird.

Charles Aznavour – Jazznavour (EMI Electrola)

Der Altmeister des französischen Chansons wandelt seit über vier Jahrzehnten immer mal wieder sporadisch auf den Wegen des Swing. Ein lupenreines Jazz-Album von Charles Aznavour war da also mehr als überfällig. Und auch wenn Aznavours Kontakte bis zur Frank Sinatra reichten, so ist man anläßlich von JAZZNAVOUR doch ein wenig überrascht, für welche Begleiter er sich überaus stilsicher entschieden hat. Neben der Musette-Legende Richard Galliano und dem pianistischen Gipfelstürmer JackyTerrasson ist es besonders die große Dianne Reeves sowie der im Januar verstorbene Michel Petrucciani, die dem alten Hit-Gut von „J’aime Paris au mois de mai“ bis „Mes Emmerdes“ unaufdringlichen, aber verführerischen Charme injizieren. Getragen von einer saftig groovenden Rhythmus-Section, stammt diese Musik aus den 40er und 50er Jahre Jahren und ist eher old fashioned. Dafür bietet JAZZNAVOUR aber für all die Gemüter ein Zückerchen nach dem anderen, die den verrauchten, intimen Jazz-Clubs nachtrauern. Einfach schön.