Affären unterm Hakenkreuz :: Liebe und Politik: Gudrun Landgrebe in Lilian Cavanis Leidenschaften

Ganze 24 Jahre alt ist Mio Takaki aus Yokohama, die in ihrer Heimat schon vier Filme gedreht und ebensoviele LPs veröffentlicht hat. Ihre Single „ICan’t Dance Well“ brachte es bis auf Platz zwei der japanischen Charts. Und falls Mio Takaki wirklich nicht tanzen kann – schauspielern kann sie! Das beweist sie in „Leidenschaften“ neben arrivierten Mimen wie Gudrun Landgrebe und den Neuentdeckungen Kevin McNally und Andrea Prodan.

Vor dem Hintergrund des Dritten Reiches entwickelt sich zwischen diesen vier Personen eine vertrackte Liebes- und Eifersuchts-Geschichte, die für alle Beteiligten fatal endet.

Die erste, die der engelsgleichen, aber durchtriebenen Japanerin Mitsuko, Tochter des japanischen Botschafters in Berlin, rettungslos verfällt, ist Louise von Hollendorf (Landgrebe), deren Mann Heinz (McNally) im Auswärtigen Amt arbeitet. Was Louise nicht weiß: Gleichzeitig unterhält Mitsuko eine Affäre mit dem Zeichenlehrer Joseph Benno (Prodan). Dann dauert es nicht mehr lange, und auch Heinz von Hollendorf verfällt der exotischen Schönheit.

Louise, Heinz und Joseph werden in den Händen Mitsukos zu Marionetten, die sich willenlos den durchtriebenen Spielen und erotischen Ritualen der jungen Japanerin unterwerfen. Eines Tages gerät der Skandal an die Öffentlichkeit: Joseph wird von der Polizei verschleppt, Hollendorfs Karriere ist ruiniert.

Aber auch hier weiß Mitsuko eine Lösung. Und so wird am Ende jener Satz klar, der schon gleich am Anfang des Films fällt: „Für Japaner bedeutet Selbstmord keine Niederlage, sondern einen Sieg.“

In Cavanis Film sieht man kein einziges Hakenkreuz. Doch der Un-Geist jener Jahre wird stets spürbar: im Verhalten und im Reden der Figuren.

In den zahlreichen Liebesszenen zeigt sich Cavanis Meisterschaft: Die leidenschaftlichen Umarmungen sind deutlich und drastisch, aber gleichzeitig auch dezent in Szene gesetzt – und haben so eine ungeheure erotische Ausstrahlung. Da wächst sogar Gudrun Landgrebe, die in ihren Filmen nach „Die flambierte Frau“ eher starr wirkte, über sich selbst hinaus. Und Mio Takakis überirdische Schönheit strahlt jene mystische Aura aus, aus der Filmstars gemacht sind.

Liliana Cavani selbst sagt zu ihrem Film: „Letztlich ist ,Leidenschaften‘ die Geschichte einer Göttin und ihrer Anbeter. In gewisser Weise ist es daher eine religiöse Geschichte. Währenddessen gerät die äußere Welt die Welt der Achse Rom-Berlin-Tokio-immer stärker in den eisernen Griff der Diktatur. Da ein totalitäres Credo keinen Raum läßt für andere, private , Religionen‘, ist ein Punkt erreicht, an dem keine Rückkehr möglich ist.“