Agitation Free – The Other Side Of Agitatio Free

Agitation Free passen mit ihren verspielten Jazz-Rock-Exkursionen nicht so ganz in die klassische, insbesondere von den Briten noch immer eifrig beachtete Kraut-Rock-Ära. Dennoch ist das 1967 durch die Zusammenführung zweier Berliner Bands – Rädelsführer waren Gitarrist Lutz „Lüül“ Ulbrich und Bassist Michael „Farne“ Günther – entstandene Ensemble, das zu „Lebzeiten“ immerhin zwei Alben auf der britischen Progressive-Plattenmarke Vertigo (MALESCH, SECOND) veröffentlichte, eine Entdeckung wert. Das in Bochum ansässige Spezialisten-Label Garden Of Delights macht mit THE OTHER SIDE OF AGITATION FREE jetzt Aufnahmen zugänglich, die 1974, im Auflösungsjahr des Berliner Quintetts entstanden, aus dem Künstlerpersönlichkeiten wie Michael Hoenig (Klaus Schulze,Tangerine Dream) und Harald Großkopf (Ash Ra Tempel, Mythos, Wallenstein) hervorgingen. Zum einen finden sich hier sieben Tracks, die im Herbst 1974 unter der Ägide von Udo Arndt, selbst Mitglied der Deutsch Rock-Formation Os Mundi und später Produzent von Nina Hagen und Nena, in den Berliner ERD-Tonstudios entstanden. Drei weitere stammen aus dem Sommer gleichen Jahres. Die von Arndt betreuten Songs zeichnen sich durch ein swingendes Latino-Feeling mit englischen Gesangspassagen aus. die ab und an ein wenig an Santana erinnern. Der mit herben deutschen Agit-Propaganda-Lyrics im Stile von Ton, Steine, Scherben versehene dreiteilige „Proletariersohn“ entstand in Zusammenarbeit mit Agitation-Gründer Michael Günther und Producer Alfred Bergmann für das Hörspiel „Störenfried“. Tja, und wie das Leben so spielt: 1998 beim Geburtstagsfest von Lüül, dereinst auch mit der Teutonen-Avantgardistin Nico zusammenarbeitete,fanden vier Urmitglieder wieder Geschmack am gemeinsamen musizieren.