Albert Ayler Quartet – The Hilversum Session

Wild und dämonisch, intensiv und verstörend, kratzbürstig und brennend – das waren die musikalischen Charakterzüge des Tenorsaxophonisten Albert Ayler. Und als ob er geahnt hätte, dass er 197O und mit nur 34 Jahren sterben würde, ging er ab 1963 regelrecht verschwenderisch mit seiner Energie um. In jenen Aufnahmen, die heute als heiliger Gral des Free-Jazz gehandelt werden. Dazu zählt natürlich Aylers Meisterwerk spiritual unity, das er Mitte 1964 mit Bassist Gary Peacock und Schlagzeuger Sunny Murray in New York eingespielt hatte: Aylers avantgardistischer Umgang mit der Tradition war so mitreißend kompromisslos wie inspirierend. Wenige Monate später aber legte er noch eins drauf. Als er mit denselben Sparringspartnern durch Europa tourte und als Special Guest der gleich gesinnte Trompetenteufel Don Cherry mit dabei war. Am 9. November 1964 ging dieses One-Million-Dollar-Quartett zwischendurch mal schnell im niederländischen Hilversum ins Aufnahmestudio. Und heraus kam ein sechsteiliges Set, bei dem der Gospel-Himmel brannte, Volkslieder zersetzt wurden und alle Jazz-Regeln aufreizend gegen die Wände geblasen, gezupft und getrommelt wurden. Dies jedoch mit einer Spiritualität, die in ihrer Tiefe nur noch mit Ornette Coleman verglichen werden kann. Nachdem der Schriftsteller Ted Joans das Quartett in einem Kopenhagener Club gehört hatte, musste er sich danach erst einmal die Ohren reiben: „Der Sound war so, als ob jemand in der St.-Patricks-Kathedrale während eines Oster-Gottesdienstes ‚Fuck‘ schreien würde.“ Anlässlich der remasterten Wiederveröffentlichung dieser aufwühlender) Sessions stoßen die Ayler-Bewunderer von heute erschöpft, aber glücklich nur einziges Wort aus: Halleluja!

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