All That Jazz

Jazz? Funk? Soul? Egal – Deutschlands bekannteste (und beste) Organistin Barbara Dennerlein schert sich auf JUNKANOO (Motor Music) einen Dreck um all diese Stilgrenzen. Wichtig ist ihr nur, daß es ordentlich groovt. Ob heißblütiger Funk (‚A Cat Strikes Back“), schwüler Late-Nightlazz (‚Nightowls‘) oder leicht bluesige Shuffles (‚Easy Going‘) – die Frau an der Hammond-Orgel liebt die Abwechslung und gibt überall eine prima Figur ab. Und dies selbst in den melancholischen Balladen ä la ‚Andre’s Mood‘, die gegen Ende des Albums die Oberhand gewinnen und das Tempo spürbar drosseln. Nicht nur dank Jazz-Größen wie Randy Brecker, Dennis Chambers oder Don Alias gelingt es Barbara Dennerlein, sich nun endlich aus dem Fahrwasser des legendären Orglers Jimmy Smith freizuschwimmen, mit dem man sie bislang immer so gern verglichen hat. 4 Noch hitzigeren Fusion-Funk pflegt Yohichi Murata mit seiner bläser-gestählten Solid Brass-Band. Man muß sich das mal auf der Zunge zergehen lassen: Zwei Trompeten, eine Posaune, drei Saxophone, eine Tuba und ein Trommler sorgen für vollen Luftdruck auf DOUBLE EDGE (JVC/SMD 9005-2). Insbesondere ihre Fassung von Randy Breckers ‚Some Skunk Funk‘ mit seinen zackig nervösen Synkopen raubt einem beim Zuhören schon den Atem. Den Vogel all dieser Blasebalg-Orgien schießt aber zweifellos der lässig groovende Charles Mingus-Titel ‚Goodbye Pork-Pie Hat‘ ab, in dem die Gast-Tröte David Sanborn auftritt. 5 Kühl nordisch geht es dagegen bei Ale Möllers HASTEN OCH TRANAN zu (ACT/Edel 9244-2). Der Multi-Instrumentalist, der bislang eher im Schatten seiner Partnerin Lena Willemark stand, greift auf alte schwedische Mythen aus dem Mittelalter zurück. So kommt es, daß selbst seine eigenen Kompositionen – wie eben auch diese Vertonung des schwedischen Buches ‚Das Pferd und der Kranich‘ – nach alter Volksmusik klingen. Möller fegt so wild mit Fiedel, Dulcimer, Flöten und Mandoline durch die skandinavischen Melodien, daß er in seiner Heimat vermutlich wieder die Pop-Charts entern wird. Sein feziger Schweden-Folk läßt die Puppen tanzen, verströmt aber im gleichen Atemzug soviel Klarheit und Ruhe, wie das wohl nur den Nordmännern gelingt. Mehr als das: Ale Möller liefert ein so ausgereiftes und entspanntes Lebenszeichen ab, wie man es schon seit vielen Jahren aus seinem Heimatland nicht mehr vernommen hat. 6 Da kann selbst die nicht nur in ihrer nordskandinavischen Heimat populäre Mari Boine schwer mithalten, die klagende Joik-Gesänge der Samen mit Jazzrock aufpeitscht. Im Gegenssatz zu Möllers lieblicher Folk-Sammlung klingen Boines Lieder so rauh und schneidend wie der eisige Nordwind. Ihr Live-Mitschnitt EALLIN (Motor Music 533.799-2) vermag dennoch nicht recht die Magie ihrer Konzerte wiederzugeben, so daß man die Songs lieber auf ihren drei bisherigen Studio-Alben nachhören sollte. 3 Traditionell fügen sich die Klangfarben der E-Gitarre und Hammond-Orgel eigentlich gut zusammen. Dies stellt John Abercrombie mit seinem Trio auf TACTICS (ECM 533.680-2) erneut unter Beweis. Zusammen mit Organist Dan Wall und Trommler Adam Nussbaum hält der New Yorker Gitarrist aber sein Jazzrock-Können überwiegend unter Verschluß und läßt stattdessen seinen Bop-Einflüssen freien Lauf. Dabei sind es aber gerade die flotteren Nummern wie Walls Komposition ‚Bo Diddy‘, in denen mal richtig Stimmung aufkommt dank Abercrombies angezerrter Blues-Licks. Die Improvisationsstränge der meisten anderen Songs laufen nämlich trotz eleganter Soli ein wenig ins Leere und lassen ein Gefühl der Lustlosigkeit aufkommen. John McLaughlins Trio hat in diesem Genre zumindest schon deutlich bessere Ergebnisse abgeliefert. 3