American Polka – Old Tunes & New Sounds
Elvis war schuld. Ohne Elvis hätte die Polka die Herzen und Bierhallen der so genannten freien Welt im Handstreich erobert. Mit dem Beckenschwinger aus Memphis, Tennessee, aber wurde Rock’n‘ Roll das große Ding – und verdrängte den ländlich-behäbigen Polk’n’Roll aus dem kollektiven amerikanischen Gedächtnis. Mit den Einwandererwellen im vorvergangenen Jahrhundert war die Polka von Mitteleuropa aus in den Mittleren Westen gelangt. Kapellen aus Polen, Böhmen, der Slowakei und Deutschland installierten mit der Polka eine Art Fernwärmeversorgung fürs Gemüt, die in den Einwanderer-Communities in Kneipen, Bierhallen und Gartenpartys der Vor-Städte auch schon mal kräftig einheizte. Nach dem Zweiten Weltkrieg tanzte die ganze USA den Polka, der zur musikalischen Verfügungsmasse für Heimwehkranke jedweder Herkunft geworden war. Von dieser spannenden Phase der Bastardisierung zeugt die Song-Auswahl Christoph Wagners, der für Trikont bereits das ähnlich orientierte AMERICAN YODELING herausgegeben hat. AMERICAN POLKA präsentiert die Polka nun als brutal geknüppelten Stomper der Polkaholics, als sentimental-russische Wodkalaune („Who Stole The Kishka?“), als fröhliche Katzenmusik mit dem Charme eines Salonorchesters und dem Schmelz der Mexikaner (Trio Allegre). Ein Polka-Revival in Punk, Rock und Jazz soll laut Wagner in den Staaten im Gange sein, wovon einige Hörbeispiele hier zeugen. Schaden nimmt sie dabei kaum, denn die Polka ist eine raue, kraftvolle Biertrinkermusik im 2/4-Takt, die kaum durch Zwischentöne auffällt. Im Wesen gutartig, geht sie aber schon mal im Schweinsgalopp durch und nimmt den Falschen auf die Hörner: Nicht Elvis ist das Ziel, sondern Jimi Hendrix, den die Brave Combo in einem Cover von „Purple Haze“ niedertrampelt.
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