Amistad

Was „Schindlers Liste nach „Jurassic Park war, das sollte AMISTAD nach „Vergessene Welt“ werden: die künstlerische Hochleistung zur Absolution für den durchkalkulierten Blockbuster. Leider verläßt man das Kino mit der Erkenntnis, daß auch Genies Meisterwerke nicht nach Belieben aus dem Ärmel schütteln können. Wo es „Schindlers Liste“ gelang, den Holocaust spürbar zu machen, ohne anmaßend zu wirken, da scheitert AMISTAD schon im Ansatz: Der von den Geschichtsbüchern vergessene Aufstand einer Gruppe von Afrikanern auf dem Sklavenschiff La Amistad im Jahr 1839 und seine Nachwehen, als vor dem Obersten Gerichtshof über ihr Schicksal entschieden wurde, wäre der rechte Stoff

gewesen, die Unmenschlichkeit des Menschenhandels greifbar zu machen. Spielberg entscheidet sich für ein Gerichtssaaldrama, in dem weiße Männer mit Backenbärten über die verängstigten Afrikaner diskutieren, als seien sie tatsächlich nicht mehr als ein Sack Mehl. Dem Filmemacher seien die guten Absichten zugestanden, aber er macht einen Fehler, wenn er seine Hauptfiguren zu Statisten degradiert und einem Clown wie Matthew McConaughey (Junge, ist der schlecht!) oder einem wild knatternden Anthony Hopkins die Bühne überläßt, um sie hölzern über Menschenrechte schwadronieren zu lassen. Zu Leben erwacht AMISTAD nur, wenn Djimon Honsou als Anführer der stolzen Mende-Krieger im Mittelpunkt steht. Wenn er in gebrochenem Englisch immer wieder skandiert: „Give us free!“ ist das eine starke Szene, aber anstatt ihre Emotionalität einfach wirken zu lassen, läßt der Regisseur seinen für Zurückhaltung nicht gerade bekannten Hauskomponisten John Williams Himmelschoräle auffahren, die jede Intimität zerstören. Sorry, Herr Spielberg, knapp zehn Jahre nach „Do The Right Thing“ (und 30 Jahre nach „Say It Loud, I’m Black And I’m Proud“) wirkt AMISTAD wie „Die Farbe Lila 2“ und der Spielberg-Touch denkbar fehl am Platz.