Amon Düül ll – Play Phallus Dei DVD

Im Sommer 1968 lud der Münchner Filmstudent Rü diger Nüchtern eine Hälfte der gerade zerspaltenen Musikkommune Amon Düül in ein Studio, wo die Band vor laufenden Kameras (hinter einer davon stand Nüchterns Kommilitone Wim Wenders) phallus dei spielte, das ein Jahr später ihr erstes Album zierte und betitelte. Nüchtern schnitt ein paar Naturaufnahmen dazwischen und erntete begeisterte Kritiken für das gegenkulturelle Dokument. Soweit die Fakten. Dass das Gemache und Getue, das die wüste Düül-Horde veranstaltete, mehr Ähnlichkeit mit einem experimentellen Schleudergang beim kollektiven Sockenwaschen (oder dessen Verweigerung) zu tun hatte als mit Musik, ist ein Gemeinplatz. Klar: phallus oei ist kein „Song“, ein Stück auch nur insofern, als es irgendwann (ungefähr] anfängt und (wahrscheinlich mehr oder weniger] aufhört. Sondern mäanderndes Geschraddel, tapfer entfesseltes Trommel-Gebölk und ein wildes Gedudel, das in grober Kreisrichtung und ohne Rücksicht auf tonale Verkehrsregeln kein rechtes Ziel finden will. Dazu, optisch: ein fehlfarbiger Sonnenaufgang, alle möglichen Zuckungen und ein intensiv blubberndes Projektions-Lichtgewitter. Aber irgendwie, irgendwie, ich wein es nicht: Man kann sich dem nicht entziehen, wenn man die ersten zwei Minuten überstanden hat, starrt gefesselt ins bunte Warr und denkt: Das kann doch nicht sein!- bis man irgendwann gar nichts mehr denkt und wohl „drin“ ist. Und danach erstaunt feststellt: Es war natürlich keine Musik im modernen, kommerziellen Sinn, was man da erlebt hat. Aber jedenfalls ein ziemlich wirksames Mittel gegen eben jene moderne „Musik“, deren Produkte und Darsteller, unmittelbar danach betrachtet, noch langweiliger, formatierter, liebloser, leererund produkthafter wirken. Hieß Popmusik nicht mal: etwas erleben, was „die anderen“ nicht verstehen? Was ihnen Furcht, Schrecken, Bauchgrimmen und Ratlosigkeit einjagt? So gesehen ist dieser Film ein makelloses Meisterwerk und ein unverzichtbares Dokument, das zeigt: Die Welt war mal total anders, und das ist noch gar nicht so lange her. >>>

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