Anja Garbarek – Briefly Shaking

Auf dem dritten Album, ihrem internationalen Durchbruch im Jahr 2001, klang Anja Garbareks Pop nicht nur kein bißchen wie der auch unter Pophörern beliebte Jazz ihres Papas, sondern vielmehr, als hätte da jemand das uneheliche Kind von Mark Hollis und Beth Gibbons (das Alter der Beteiligten bleibt hier einmal mißachtet) aus Versehen über Nacht in das Studio von Björk eingeschlossen. Hollis, fast schon so rar wie Syd Barrett. hatte ihr tatsächlich bei zwei, drei Stücken geholfen und sie darüber hinaus für das ganze Album gehörig inspiriert – ein Kammerelektronikpop-Traum von einer Platte, mehr Ahnung und Zwischenwelt als ein greifbares Stück Musik. Der Eindruck, daß es Smiling & Waving vielleicht tatsächlich nur in unserer Vorstellung gegeben haben könnte, verstärkt sich noch durch sein neues Geschwisterlein, eine Platte, die klingt, als wolle Anja Garbarek es noch einmal neu versuchen mit dem Pop. Mit einem Pop, der sich trotz mancherzeitgenössischer Knispelei und Niedlichkeit weit mehr um Aufmerksamkeit bemüht als sein Vorgänger wohl auch nicht von ungefähr unter dem Titel Briefly Shaking laufend. Charme hat er trotzdem, das Album wurde geradezu getränkt darin. Varianten- und betont trickreich will Garbarek hier in elf Stücken so süß, so schräg, so eigen, so überaus gekonnt zeigen, was Pop heutzutage im weiten Feld zwischen Chanson, Folk und verführerischer Weise so drauf hat. Was Beth Orton kann. Was Sophie Zelmani kann, Etc. Der Technik, dem Charme und dem eigenen Freigeist sei Dank. Die Welt steckt voller Möglichkeiten für Anja Garbarek. Sie greift danach. Viel schneller und fester als zuletzt.

www.anjagarbarek.com