Annie Lennox – Medusa :: Rock/Pop

Mit fünf Millionen verkauften Platten als Ballast versucht Annie Lennox nach ihrem grandiosen Solo-Durchbruch DIVA ihr Glück nun mit zehn Cover-Versionen. Ihr eigener Anspruch dabei: „Ich fände es lächerlich, einfach nur eine zweitklassige Version irgendeines brillanten Songs aufzunehmen. Ich sah die Herausforderung mehr im Akt der Interpretation – ohne Zweifel der Alptraum jedes Puristen.“ Was ihren Part als Sängerin betrifft, geht die Rechnung voll auf: eigenständig und voller Selbstbewußtsein eignet sich die ehemalige Eurhythmics-Chanteuse Lieder so markanter Songwriter-Persönlichkeiten wie Neil Young, Bob Marley oder Al Green an, macht aus ihnen waschechtes Lennox-Material und legt dabei teilweise ungeahntes Potential frei. Ähnlich wie Sinead O’Connor 1992 mit ‚Am I Not Your Girl?‘ scheitert jedoch auch Frau Lennox oft genug an der musikalischen Verpackung. ‚Train In Vain‘, 1980 der erste US-Hit für The Clash, beginnt beispielsweise sehr hoffnungsvoll mit einem prallen HipHop-Beat und sparsamer Instrumentaluntermalung, wenig später jedoch zerschneiden künstliche Plastikbläser gnadenlos jegliche Atmosphäre und in einer überkandidelten Gospelchor-Orgie geht das ganze Stück zum Teufel.,Das Remake des Procol Harum-Gassenhauers ‚A Whiter Shade Of Pale‘ mag vielleicht die Radiostationen dieser Republik ansprechen, ist aber mit seinen blechernen Spinett-Klängen und schauderhaften Kinderchören ein Super-Gau in punkto Geschmacksverirrung. DIVA-Produzent Stephen Lipson ist auf MEDUSA zwar nicht immer, aber leider öfter für solche kleinen, profanen Geschmacklosigkeiten am Rande gut. Weniger wäre mehr gewesen – wie die Unplugged-Show (als B-Seiten auf der Maxi-Trilogie ‚Cold‘-‚Colder‘-Coldest‘) bewiesen hat. Trotz allem – hinter der herzzerreissenden Intensität, mit der Annie Lennox zu Werke geht, können sich immer noch alle Careys, Houstons und O’Connors dieser Welt verstecken.