Art of Noise, London, Hammersmith Odeon

Meine Verehrung an die Herren Techniker, der Sound war bombastisch. Selbst die höchstfrequenzigen Glocken bei „Moments In Love“ kamen so klar und bestechend, daß es einen aus Sessel und Schlaf riß. Warum stellt sich ein EDV-Kollektiv auf die Bühne und demonstriert, daß der Mensch als Musiker überflüssig geworden ist? Warum will man nicht begreifen, daß das Einlegen einer Floppy Disc längst nicht so erotisch ist wie der Hüftschwung eines Gitarristen. Die versprochene Musical-Inszenierung, die das optische und emotionale Vakuum hätte ausfüllen können (siehe Interview ME 9/86) fiel mit drei Gags etwas mager aus: Computerwesen Max Headroom eröffnete die Show mit einer Conference, die hoffen ließ, daß ihm der Platz des Popstars eingeräumt werden würde. Doch leider wurde die Leinwand schon nach den ersten Takten wieder eingefahren und die Chance versäumt, den konsequent letzten Schritt zur Entmenschlichung der Popmusik zu gehen. Statt dessen machten fünf Musiker und drei Go Go-Girls mit Fertighaus-Appeal verzweifelt auf Konzert. Doch die Automation frißt ihre Kinder — es reicht nicht, das Schaltbild auf dem Monitor zu wechseln und ein paar mal das zarte Programmiererfäustchen in die Luft zu recken. Und Pianosoli sollte man tunlichst unterlassen, wenn man gewohnt ist, daß der Sequencer kleine Unsauberkeiten ausbügelt.

Da standen sie nun, die Armen, und holten einen Song nach dem anderen aus dem Sprecher, während sich das Publikum der gepflegten Langeweile ergab. Sofern es nicht das Weite suchte. Da rettete auch das Schlagzeugsolo mit den auf die Toms einprogrammierten Worten (was eine Art Rap/Dada-Gedicht-Effekt ergab) und die vier mit Gitarren bewaffneten Ledercowboys zu Peter Gunn nichts mehr. Das war so spannend wie der Farfisa-Mann, der einem in der Kaufhof-lnstrumenten-Abteilung den Schneewalzer zweifingrig vorspielt.