Art Spiegelman – Küsse aus New York :: Der gute Ami

Ruhig Blut: Solange Spiegelmann da ist, kann es um die USA so schlecht nicht stehen.

Seit einigen Monaten ist es beinahe amtlich: US-Amerikaner sind paranoide, ungebildete und revolverschwingende Rednecks, ignorant und selbstgefällig. Noch dazu müllen sie uns mit schlechten Filmen und die Atmosphäre mit Schadstoffen zu, benehmen sich wie religiöse Eiferer und glauben dennoch nur an die Macht des Geldes. Und das Essen – na ja. Wer ist der Amerikaner? Ist es George W. Bush? Joe Normal aus Shitsville. Idaho? Oder etwa Art Spiegelman? Solange letzterer US-Staatsbürger ist, liebe Miteuropäerinnen und Miteuropäer, gibt es keinen Grund, dieses Land zu verteufeln. Es sei denn, man ist paranoid, ungebildet, ignorant und selbstgefällig. Spiegelman, von 1993 bis 2002 Illustrator beim Wochenmagazin“.New Yorker“, pflegt traditionell diffenzierte Sichtweisen, er ist gebildet, friedfertig und tolerant. Und er ist kein politisch korrekter Klugscheißer. Seine Titelbilder sind legendär: Provokationen in einer Welt gut bürgerlicher Saturiertheit. Als sich in Crown Heights. Brooklyn, Schwarze und Juden die Köpfe einschlugen, lief) er auf dem „New Yorker‘ einen orthodoxen Juden und eine Afro-Schönheit knutschen. So einfach ist das. Und es hagelt Proteste. Als Bill Clinton über Monica Lewinskys Lippenbekenntnisse zu stolpern drohte, zeichnete er den Präsidenten bei einer Pressekonferenz – die Mikrofone allesamt auf sein Gemächt gerichtet. Und zu Thanksgiving lässt er US-Bomber über Afghanistan Truthähne abwerfen. Doch Spiegelman kommentiert nicht nur politische.

sondern auch gesellschaftliche Entwicklungen, den gutbürgerlichen Hang zum Tattoo etwa oder die Tatsache, dass in westlichen Metropolen erwachsene Menschen tatsächlich auf Kinderrollern durch die Gegend heizen, küsse aus new vork versammelt Entwürfe, Work-in-progress, Titelbilder und komplette Comic-Strips, unterhaltsam kommentiert von Art Spiegelman und mit einem Vorwort von Paul Auster. Übrigens auch ein Amerikaner.