Bad Santa

Wenn Santa Claus nicht nur untergewichtig und heruntergekommen ist, sondern auch noch dauerbesoffen, inkontinent und unflätig, wenn er Menschen beleidigt, Kinder anraunzt und sich in der Gosse auf die Kutte kotzt, dann weiß man, dass man es mit einem außergewöhnlichen Ereignis zu tun hat. Oder einfach mit dem lustigsten Film des Jahres. Man könnte bad SANTA als die Mutter aller Tabubrüche bezeichnen – ein Füllhorn der grenzwertigen Regelverstöße. Hier wird jedem und allen ans Bein gepinkelt, in den Schmutz gezogen, was einem aufrechten Bürger heilig ist. Es bereitet ein regelrecht pornographisches Vergnügen, ausgerechnet dem Nikolaus dabei zuzusehen, wie er seinem inneren Knecht Ruprecht Zucker gibt und in grenzenlosem Selbstdefäüsmus mit dem Urinstrahl den ausgestreckten Mittelfinger in den Schnee zeichnet. Im übertragenen Sinne, denn von Schnee ist in dieser Weihnachtsmär nicht viel zu sehen. Der böse Weihnachtsmann verrichtet seinen schmutzigen Job mit seinem Elf Marcus, einem nicht minder zornigen schwarzen Liliputaner, im sonnigen Phoenix, wo sie angewidert von sich und der Welt das Santa-Ding in einem Einkaufszentrum durchziehen, um nach mehr schlecht als recht verrichteter Arbeit an Heiligabend dessen Safe auszuräumen. Dies ist ein Hollywood-Film. Also müssen auch Antihelden ihre Chance auf Absolution bekommen. Die bietet sich unserem Santa in Gestalt eines dicken Jungen mit Rotzglocke, der auch dann noch an seinem Glauben an den Heiligen Mann vom Nordpol festhält, als dieser alle Regeln des Benimms mit Füßen getreten hat. Und trotzdem wird diese ätzende Holzhammer-Satire niemals soft. Wie eine Episode aus einem Underground-Comic, bevorzugt von Robert Crumb (über den Regisseur Zwigoff einmal eine ausgezeichnete Dokugedreht hat), spielt diese Ode an die konsequente Verweigerung politischer Korrektheit, in der man auch den korrupten Kaufhausdetektiv mit Hämorrhoidenproblemen, den spießigen Kaufhausmanager (John Ritter in seiner letzten Filmrolle) und die kesse Barmaid mit Weihnachtsmann-Fixierung („Fuck me, Santa!“) ins Herz schließt, vor allem aber Billy Bob Thornton liebt, der in einer der großen Performances dieses Jahres Selbsthass zur Kunstform erhebt. Böser Weihnachtsmann. Und doch so gut.