Badly Drawn Boy – Have You Fed The Fish? :: Die Platte des Monats
Damon Gough weiß, wie man clever mit Erwartungshaltungen umgeht: man erfüllt sie einfach erst mal nicht. Der Mann, der als Musiker unter dem Namen Badly Drawn Boy firmiert, ließ seinem famosen Debütalbum aus dem Jahr 2000, THE HOUR OF BEWILDERBEAST, nicht gleich Schallplatte Nummer zwei folgen, sondern zog sich mit der Musik zum Film „About A Boy“ zunächst klug aus der Erfolgsdruckaffäre. Der Soundtrack als Auftragsarbeit: aber sicher. Dass das Album zur Nick-Hornby-Verfilmung mit seinem hymnischen Pop, dem getragenen Folk, bestechendem Storytelling, den reichlich bittersüß-verschrobenen Momenten und den instrumentalen Einsprengseln dann trotzdem zu einem waschechten Badly Drawn Boy-Album geriet: umso besser.
HAVE YOU FED THE FISH? heißt nun das neue Werk von Badly Drawn Boy, das sowohl eine konsequente Fortführung als auch eine Weiterentwicklung seines Debütalbums ist. Die Songs des Mützenträgers aus Leidenschaft und Image-Gründen sind das, was sie immer schon waren: durch die Bank erfrischend inhomogen. Beziehungsweise – und da verästelt sich der Singer-Songwriterbaum des Badly Drawn Boy noch weiter stilistisch weniger denn je dingfest zu machen. „All Possibilities“ etwa brilliert mit gut eingecremten Bläsern – der Mann aus Manchester goes Northern Soul. Im Titelstück gibt Badly Drawn Boy den Piano Man, allerdings mit einem nicht ganz unerheblichen Unterschied: Billy Joel hat nie die Herzdame angesungen und sich gleichzeitig danach erkundigt, ob die Fische ihr Futter bekommen haben. Der Troubador d’amour als Tierliebhaber, der sich darum kümmert, dass auch die Banalitäten des Alltags nicht zu kurz kommen.
Wer ohnehin eine sentimentale Ader sein Eigen nennt, kann diese bei HAVE YOU FED THE FISH? ein ums andere Mal tüchtig anschwellen lassen. Zum Beispiel bei den Zeilen, die Badly Drawn Boy für „I Was Wrong“ eingefallen sind. „I don’t believe in anything I see/ unless I can feel it too“, singt er in diesem nur gut sechzig Sekunden langen Elektro-Folk-Song. Das ist natürlich nichts anderes als holzvertäfelter Kitsch, ein Tränentreiber, der knallhart auf die emotionale Zwölf trifft, aber schlussendlich auch halb so wild ist. Niemand ist ewig gleich eingerichtet, und bei Badly Drawn Boy werden die Gefühlstapeten schneller neu geklebt, als man das Wort „Kleister“ aussprechen kann. „I Was Wrong“ geht ebenso gekonnt wie nahtlos in „You Were Right“ über, einen Popsong, in dem alles weit wird und viel leichter erscheint, als es in Wirklichkeit ist. Dergestalt, dass man sich nicht die Bohne dafür schämt, wenn man sich in einen schönen Sommer denkt, über grüne Wiesen tollt, Gänseblümchen im Akkord pflückt und daraus zarte Ketten bastelt.
„This Is the Soundtrack to our life“, singt Badly Drawn Boy, hernach pfeift er wie weiland Ilse Werner, und sein privates Glück im Kleinen als zweifacher Vater und designierter Ehemann gerät zu einer Nabelschau de Luxe. Bei dieser kann man sich dann badenderweise wohl fühlen – oder eben doch dem Loriot-Credo „Männer und Frauen passen nicht zusammen“ beipflichten. Eines jedoch bleibt bei beiden Sichtweisen gleich: was Badly Drawn Boy da veranstaltet, ist großer Pop. Und ein Beleg dafür, dass Familienleben nicht das Ende ist: Rock’n’Roll ist auch dann möglich, nur eben anders.
Große Klasse hat das – und überhaupt: Fische füttern, Frauen anhimmeln, hin und wieder herrlich verhuscht sein… Badly Drawn Boy beackert auf seinem neuen Album ein weites Feld. Mögen die diversen Kopfbedeckungen seinen Songwriter-Schädel noch lange so schön warm und gleichzeitig frisch halten; Typen wie er werden heutzutage mehr denn je gebraucht.
www.badlydrawnboy.co.uk
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