BAP – Tonfilm
Der Major ist weg, der Effendi ging gleich mit ihm – und siehe da: Die Rest-BAPs, verstärkt durch die Neuzugänge Helmut Krumminga (g), Michael Nass (keyb) und Sheryl Hackett (voc, perc), spielen als hätten sie just den Rock’n’Roll erfunden. Wie weggeblasen die zähe, mitunter bemühte Rockerpose, der klebrige Breitwand-Sound, die grobporige Stones-Kopie der letzten Jahre. Lang genug klangen BAP wie der feuchte Traum LA.-verliebter Teutonen-Rocker. Statt dessen jetzt reduzierte Arrangements, gelegentlich gar rotzige Ecken und Kanten und ein eher locker organisierter Ensemblesound. Wirklich große Bands halten sich zurück, brauchen nichts zu beweisen. So werden Niedeckens Geschichten hier dezent untermalt, nicht in brachialen Klang-Phantasien erstickt. Soli hört man nur da. wo sie Sinn machen, dann wenn Atmosphäre gefragt ist. Und man spürt den neuen Mut zur Lücke. Dabei bleibt der Fokus, wie sich das gehört, auf den Sänger gerichtet. Als Material verwendete die „neue“ Truppe bei den Sessions in Frankreich die reichhaltige BAP-Liederfibel (z. B. Jupp“, „Ne schöne Jrooss“, „Müsli Man“). Dazu acht nagelneue Kompositionen, darunter das zwingende „Rita, mir zwei“ sowie der eingekölschte Byrds-Klassiker „Rock’n’Roll Star“. Die Songs wurden tatsächlich neu interpretiert und in Beziehung zueinander gesetzt. Heraus kam dabei eine Zeitreise durch die Bandgeschichte. Fazit: So leicht, lässig und laidback klangen die Kölner lange nicht. Man fragt sich unwillkürlich, was diese Truppe aus einigen Niedecken-Songs der letzten Jahre hätte machen können. Tonfilm ist für BAP das, was STRIPPED für die Stones war. Und noch mehr, denn wo die Stones in ihrer Rückbesinnung auf das Wesentliche letztlich in Nostalgie verharrten, schießen sich Niedecken & Co mit ihren alten Songs entspannt ins musikalische Hier und Jetzt. Sozusagen zurück in die Zukunft.
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