Ben Kweller Köln, Gebäude 9

Der Kalifornier, Jahrgang ’81, trägt die Fackel der alten 60s/70s-Helden. In a good way.

Man denkt an diesem Abend noch lange nach. Über die Zeit. Und darüber, was sie alles kann. Schnell vergehen, ja, ja. Aber das ist es nicht. Man denkt sich: Wie gut das doch ist: Dass da ein 25-Jähriger, der noch dazu viel jünger aussieht, einen Laden voller Menschen glücklich macht mit einer Musik, die andere lange vor ihm erfunden haben: die Beatles, Bob Dylan, Tom Petty, Bruce Springsteen, Elton John – Musiker, mit denen Kweller groß wurde, weil seine Eltern den ganzen Tag nichts anderes hörten. Man versucht, sich das vorzustellen: Wie er mit sieben Jahren am Klavier saß. Wie er sein erstes Tape mit selbst geschriebenen Songs klopfenden Herzens an Nils Lofgren schickte. Wie er bei Letterman und Madonna eingeladen wurde, weil er mit „Radish“ und Grunge-Rock auf einmal ein bisschen berühmt war. Wie er den Plattenbossen mit 19 sagte: „Macht’s euch doch selbst!“ und nach New York ging und dort direkt in Adam Green und Evan Dando hineinrannte. Wie lange er gebraucht hat, um das irre Zahnbürstenfoto auf seinem Solodebüt SHA SHA zu schießen. Alles eine Frage der Zeit.

Und dann steht er da. Mit langer Lockenmatte, hoffnungslos altmodischem Holzfällerhemd und niedlichem Nickytuch um den Hals. „Die meisten waren ja noch gar nicht geboren, als ich das letzte Mal hier war!“, ruft er übermütig in den ausverkauften Saal. 2003 war das. Kweller eröffnete für Grandaddy. Heute genießt er die alleinige Aufmerksamkeit – und wie: Er strahlt übers ganze Gesicht, rennt auf der Bühne auf und ab, wirft sich in Posen, reckt die Gitarre in die Luft. Er freut sich schier den Kopf ab, dass sie alle seine Songs mitsingen: „Sundress“, „My Apartment“, „Walk On Me“, „Family Tree“ …Selbst allein mit Akustikgitarre [„0n My Way „] wirkt er so energiestrotzend, als wolle er später noch ein paar Bäume abholzen. Ruhig wird es erst mit „Falling“ und „Thirteen „, wunderschön am Klavier vorgetragen. Wie so viele Songs eine Liebeserklärung an seine Ehefrau Liz. Als man denkt, das war’s, findet man sich plötzlich mittendrin in den 60ern: „I Saw Her Standing There“ von den Beatles, Ben E. Kings „Stand By Me“, Dylans „Like A Rolling Stone‘ gehört der Schluss. Die Zeit mag schnell vergehen, manchmal aber bleibt sie stehen, für einen kurzen Moment. >>>www.benkweller.com