Billy Idol – Whiplash smile

Zunächst ist man verblüfft, wie behutsam ausgerechnet der blonde Leder-Engel des dreckig bunten Großstadt-Rocks auf dem neuen Album mit seinen Mitteln umgeht: verhaltene, sanft abgetönte Keyboard-Wellen, ganz gezielt wie Uppercuts plazierte Gitarren und völlig in den Sound-Teppich integrierte Vocals. Kompliment, soviel Understatement und coole Kontrolle ausgerechnet vom Punk-Nestor mit dem „Peitschen-Lächeln“, das ist konzeptionell schon fast so beeindruckend wie die neuen Songs des intelligenten Duos Idol Steve Stevens. „Sweet Sixteen“,eine Art Latin-Reggae, präsentiert Idols knurrig-zurückhaltende Stimme inmitten federnd lockerer, elektronischer Sound-Umgebung, ein beschwörend düsteres Rock-Nocturno, das hart zu den geraden Tanz-Nummern wie „Man For All Seasons“ oder „Soul Standing By“ kontrastiert. WHIPLASH SMILE ist mit Sicherheit Idols bisher komplexestes Album, die wahre Transformation der Punk-Energie ins Computerzeitalter. Voller Sex, Kraft und Vitalität, die völlige Beherrschung der Technik ohne die naive Faszination vor all den neuen „Möglichkeiten“, die ganze Hundertschaften einfacherer Gemüter in ihrer Kreativität paralysiert hat. Billy Idol ist der beinharte Rocker im Wunderland, Mad Max mit dem Mikro, der den Sex von Elvis und die Kontrolle von Bowie kombiniert. Beeindruckend und trotzdem sinnlich.