Blood & Glitter von Mick Rock :: Wham Bam Thank You Mick!

Was „Glam“ war, wird sich in Worten nie erklären lassen: Männer, die wie Frauen aussehen, die wie Androiden aussehen, die sich gegenseitig die Gitarrensaiten ablecken, in Plastikschlangenlederstiefeln durch Glitzerpudernebel staksen und in hysterische Massen exaltierte Smashsongs hineinsingen über Androiden, die wie Frauen aussehen, die wie Männer aussehen … Die Beatles waren vorbei, als das passierte, und die anderen, die überzeugt waren, daß es nie wieder richtige Stars geben wurde, waren fassungslos: Was ist denn das für ein Geschwuchtel! brüllten sie und tobten, als ginge die Welt unter. Vielleicht hat sie das wirklich getan, damals, als mit einem Schlag wieder Stars da waren, und zwar von einem Kaliber, das sich die Beatles in ihren wildesten Träumen nicht ausdenken hätten können: Es genügte, David Bowie, Marc Bolan, Bryan Ferry, Eno, Lou Reed, Iggy Pop bloß anzusehen, und der Infizierte fiel vor Entzücken in Ohnmacht. In Ruhe ansehen aber konnte man sie sich nur, weil zuvor Mick Rock seine Kameralinse draufgehalten hatte. Als er das 1972 erstmals tat, war sein Ziel ein außerhalb seines Insider-Huldigungslcreises noch relativ unbekannter junger Ex-Hippie, der sich nach einem Pfadfindermesser bekünstlernamt hatte; kurz daraufwar der dünne Mann der größte Superstar des Universums. Herr Rock klickte weiter, auch nachdem der Glamrock zwei Jahre später im kalten Seichsud des eigenen Monsterkaters erwacht und sofort entschlafen war. 1977 zog er nach New York, und auch da, wie zuvor in London und überhaupt überall, fand er Spuren bis Portionen von Glam, bei T.Rex-Fan Siouxsie, bei Freddie Mercury, Debbie Harry, Tim Curry, selbst bei den Ramones. Die Parade seiner Bilder in diesem riesenformatigen Buch ist wie eine Zeitreise durch ein entfesseltes, vor Verrücktheit und Übermut nur so schäumendes Jahrzehnt, in dem kaum jemand jemals daran gedacht hat, sein Gehirn auf die Party mitzunehmen, und zugleich ein ebenso absurder, unverzichtbarer Luxus wie Glam selbst. Schade bloß, daß die mitabgedruckten englischen Texte (u.a. ein Vorwort von David „Pfadfindermesser“ Bowie) etwas, ähem, kläglich übersetzt sind.

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