Bob Dylan :: Love And Theft

Bob Dylan erteilt eine Lehrstunde in amerikanischer Rootmusik. Roots-Musik: Zeitmaschine

Lange nicht mehr hat es um ein Bob-Dylan-Album eine solche Geheimniskrämerei gegeben. Schwere Pianoballaden seien angesagt, hieß es im Vorfeld, und irgendeiner hatte Tom Waits als Produzenten ins Spiel gebracht. Alles Quatsch. Love And Theft hat so gut wie keinen Pianoton aufzuweisen, von Tom Waits ist nichts zu spüren, und mit den schweren Tönen liegt man auch daneben. Im Gegenteil – selten hat ein Dylan-Album so geswingt wie dieses. Die zwölf Songs bieten eine Zeitreise durch die verschiedenen Stile der amerikanischen Musikgeschichte der letzten acht Jahrzehnte, sind Rootsmusik pur sozusagen, und das geht vom Countryblues über Rockabilly über den Swingjazz bis hin zum guten alten Bluesrock. Die Band (es ist Dylans momentane Tourband, ergänzt durch Keyboarder Augie Meyers) spielt tadellos, die Produktion klingt professionell und konzentriert, es gibt Slidegitarren, Banjos und sogar Geigen en masse, und es fällt schwer, bei so viel guter Musik Songfavoriten zu nennen. Vielleicht die Country-Ballade „High Water“ (mit wunderschönem Banjo-Picking), das bereits von Sheryl Crow gecoverte „Mississippi“, das an fettesten Little Feat-Bluesrock erinnernde „Cry Awhile“ oder das Schlussstück des Albums, „Sugar Baby“, – man merkt einfach nicht, wie die Stunde Spielzeit vorübergeht. Love And Theft ist musikalisch und textlich ohne Frage ein „leichteres“ und abwechlungsreicheres Album als der doch eher dunkle, aber vielleicht wiederum „tiefere“ Vorgänger TIME OUT OF MIND – doch es ist müßig, jetzt Qualitätsvergleiche zu ziehen, das wird die Zeit schon zeigen. Unterm Strich ein sehr gutes Album – so gut und ausgeschlafen, wie es viele vom alten Bobster vielleicht nicht mehr erwartet hätten. Kein „Blowin‘ In The Wind“, liebe Provinz-Feuilletonisten – these days are long gone. I was so much older then, I’m younger than that now. www.bobdylan.com