I Kaum beginnt deutschsprachiger Rap sich langsam aber sicher flächendeckend zu etablieren, wird der neue Markt auch schon wieder eng. Nach den Wegbereitern Advanced Chemistry überrollt jetzt eine Flut von ernsten Crews die Szene. Mastino, das Projekt des Ex-Die Erde-Musikers Horst Petersen gehört zur Speerspitze der neuen Bewegung. Musikalisch bedienen sich die Hamburger auf ihrem Debüt BRÜDER & SCHWESTERN (L’Age d’Or/Polydor LADO 17021) traditioneller Hip-Hop-Techniken, sampeln 70er-Material und bessere Breakbeats. Doch im Mittelpunkt steht ohnehin das gesprochene Wort, und da neigt man zur Verschlüsselung einfacher Botschaften um des gepflegten Ausdrucks Willen — germanistischer Geist regiert. Bleibt der unbändige Zorn, mit dem Mastino in guten Momenten doch noch unverblümt das Richtige sagen: „80 Millionen Hools, das glaub‘ ich einfach nicht“, (ralj 4 ¿ Ihr Debüt spielten Bobo In White Wooden Houses noch Iow budget, live und für ihr eigenes Plattenlabel ein. PASSING STRANGERS (Polydor 517 924-1) ist nun ihre erste größere Studioproduktion, die jedoch nichts von der faszinierenden Natürlichkeit vermissen läßt, mit der Sängerin Bobo ihr Publikum von Anfang an gefangen nahm. Die eigene musikalische Neugier zu befriedigen, scheint der einzige Motor der Band. Charmante Popmusik, die durch wunderschöne Harmonien, eingängige Melodien und einen transparenten Klang besticht, ist das gelungene Ergebnis. Die modischen Momente sind dezent, doch wenn Bobo schließlich zu schwebenden Orgelakkorden und zarten Pianotupfern „These Words Behind“ singt, weiß man: Bobo In White Wooden Houses haben das Potential zum Klassiker, (dk) 5 ¿ Liegt Seattle am Niederrhein? Das Mönchengladbacher Quartett Sun (u.) verwebt mit seinem dritten Album JAM HOUSE WAH (Gun/BMG 7432-1 13346 2) Grunge, Metal und Psychedelia zu einem eigenständigen Hardrock-Crossover. Überaus unterhaltsames Powerplay, das mit dem glänzenden „Like A Rolling Stone“ sogar ein hervorragendes Bob Dylan-Remake hervorzaubert.