Brian Wilson – Pet Sounds Live

Vielleicht kann’s manch einer nicht mehr hören, aber was wahr ist, muss wahr bleiben. Deshalb noch einmal zur Wiederholung: PET SOUNDS, im Mai 1966 veröffentlichtes Beach Boys-Album, setzte Standards in Komposition (Pop durfte mehr sein als Tralala). Instrumentierung (Orchester, Saxofon, Mandoline, Akkordeon, Ukulele etc. etc.) und Produktion (Millionen von übereinander gelegten Tonspuren erzeugten einen symphonischen Sound). PET SOUNDS dirigierte die Popmusik in eine neue Richtung. Von da an wurde Brian Wilson als Songschreiber-Gott verklärt, der es mit seinem Meister- und Schlüsselwerk geschafft hatte, selbst die Beatles und ihr gut ein Jahr später erschienenes SGT. PEPPERS LONELY HEARTS CLUB BAND zu beeinflussen, das ja seinerseits keinen geringen Einfluss auf die Popgeschichte hatte. Anfang 2002 tourte Wilson mit Band und großem Orchester durch Europa und spielte – immer im zweiten Teil der Show – das komplette PET SOUNDS-Album. Aus vier Auftritten vom Januar in der Royal Festival Hall in London wurde jetzt dieses Album kompiliert. PET SOUNDS LIVE ist ein typischer Fall von Rock ’n‘ Roll-Mimikry, eine dieser Ich-verkauf-dir-ein-Lebensgefühl-Platten, eine dieser Ich-bestätige-dich-in-deiner-Meinung-dass-früher-alles-besserwar-Platten. In fast schon beängstigender Präzision bringt Wilsons Band eine Eins-zu-eins-Kopie des Albumklassikers auf die Bühne. Da stimmt jedes Arrangement-Detail, jede Vokalharmonie der Backingsänger, jeder Beckenschlag. Nur vorne am Bühnenrand stimmt was nicht. Da wurde Brian Wilson von seiner Frau und seinem Manager an ein Keyboard gesetzt, damit er uns – mit brüchiger Stimme und Ausfallerscheinungen im hohen Register – weismachen soll. 2002 sei 1966. Das ist aber nicht so. Wilson erweckt dabei den Eindruck, als ob er sich nicht unbedingt im Klaren darüber ist. was eigentlich um ihn herum geschieht. Das gibt eine Ahnung von seinem bedauernswerten psychischen Zustand. Er hat nach wie vor sein Leben nicht unter Kontrolle und befolgt nach wie vor die Ratschläge der falschen Leute. Brian Wilson ist krank, lasst ihn endlich in Ruhe.

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