Brokeback – Field Recordings From The Cook County Water Table

Danke für den Aufkleber, Sonst hätten wir womöglich Chicago für ein Insekt im Elektronenmikroskop gehalten. So ähnlich nämlich sieht es aus, das abstrakte Gebilde auf dem Cover, erstellt sich aber durch besseres Wissen schnell als Teil des Grundrisses jener Stadt, wo, man verzeihe mir die plumpe Sprache, immer noch und immer wieder im Rock die Post abgeht. Der, der diesmal dran ist, sich einen neuen lustigen Namen auszudenken, heißt Doug McCombs und die Liste seiner Bands und Projekte und diesbezüglichen Veröffentlichungen dürfte auch den treuesten Anhänger avanciert-gefühliger Tonkunst überfordern. Einen Teil davon stellen auch die bestickerten üblichen Verdächtigen, die ihn wiederum unterstützen; Mary Hansen von Stereolab, Josh Abrams von der Sam Prekop Band und natürlich die nie schlafende Schildkröte John McEntire. Etikettenschwindel ist dies aber insofern nicht, als McCombs bzw. sein Instrument eindeutiger Mittelpunkt dieser ambienten Aufnahmen ist. Sampling-Fetischisten und Freunde akustischer Transparenz dürfen sich dementsprechend über viel isoliertes Bass-Spiel freuen, der Viersaiter klingt dabei erstaunlich oft wie eine dunkle Slidegitarre. Überhaupt ist diese Platte wie ein ganz langsamer, liebevoller Roadmovie: verträumt, melancholisch, wohltuend. Nicht nur durch die vielen Tier- und Umwelt-Geräusche bietet sich KLFs Chili Out als Querverweis. Brokeback sind die minimalistische Chicago-Variante. Wunderschönes kleines großes Männersentiment.