Call Of Juarez – Virtuelles Westernspektakel mit Charakter
Der Wilde Westen verliert offenbar nie an Faszination. Und spätestens seit Zigarettenfirmen nicht mehr in Magazinen werben dürfen, müssen wir Konsumenten uns unsere tägliche Dosis an weiten Feldern, Indianern. Cowboys, Lagerfeuern und rostigen Schießeisen wohl woanders holen. Am hauseigenen PC, beispielsweise, wo uns die ewigen Weltkriegsszenarien eh schon zu den Ohren rauskommen. CALL OF IL’AREZ (Ubisoft, PC) ist mehr als ein weiterer Western-Shooter. Zwar wird hierauch ordentlich geballert, aber damit ist das Potenzial des Spiels lange nicht erschöpft. Das Erfolgsrezept ist so einfach wie bestechend: Abwechselnd schlüpft man in die Haut zweier interessanter Widersacher: Der schießwütige Priester Ray will den Tod seines Bruders rächen und geht dabei gottloser vor als mancher Kreuzritter. Mit Bibel und Revolvern bewaffnet, macht der finstere Fanatiker sich auf die Suche nach dem flüchtigen Adoptivsohn seines Bruders: Billy, der im Verdacht steht, seine Exfamiiie hinterrücks gemeuchelt zu haben, der aber in Wirklichkeit bei Indianern aufwuchs und eigentlich ausgesprochen friedfertig ist. Als Spieler wechselt man ständig zwischen den Charakteren, um verschiedene Missionen zu erfüllen. Dabei kann einem ganz schön wirr im Kopf werden, denn nachdem man als Ray gerade erst einen Haufen meuternder Arbeiter über den Haufen geschossen hat, steckt man schon wieder in einer Billy-Mission und muss dem Schamanen eine Adlerfeder vom höchsten Berg der Umgebung bringen – freilich ohne das heilige Tier oder irgendwen sonst zu verletzen. Diese stete Abwechslung und die Tatsache, dass man mit Ray durchaus Billy manchmal zum Greifen nah ist und Angst bekommt, vielleicht doch sich selbst totschießen zu müssen, macht in Kombination mit den wunderbar detailreichen Texturen der Umgebung und dem hübschen Charakterdesign dieses Westernspektakel spannender und ästhetischer als jede Kippenreklame. Und am Ende gibt es sogar eine schlüssige Auflösung.
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