Cassandra Wilson – Betty Or The Sun

Mag auch das Herz des Jazz in New York schlagen, sein Bauch liegt immer noch am Strand des Mississippi. Auch eine der größten Jazz-Sängerinnen der Gegenwart, Cassandra Wilson, mag so fühlen. Für ihre aktuelle Produktion kehrte die in Jackson geborene Lady wieder zu ihren Wurzeln zurück. Erst waren ein paar Wochen Feldforschung angesagt, Gespräche mit alten Bluesermännern und alten Bekannten, dann ging es in einem zum Studio umgebauten Lagerhaus an die Aufnahmen von BELLY OF THE SUN. Dabei herausgekommen ist eine stringente, ergreifende und ergriffene Hommage an das Mississippi-Delta und seine Klänge. Sanfte Percussionklänge wehen vom Meer herauf und tragen ein fast schwereloses „The Weight“ (genau, der Band-Klassiker). Als ein dürrer, aber lebensfroher Blues schlängelt sich Fred „Mississippi“ McDowells „You Gotta Move“ durch dunkle Keller, bei James Taylors „Rio/Only A Dream“ liegt Karibik-Duft in der Luft, und Cassandra Wilsons Version von Bob Dylans „Shelter From The Storm “ kleidet Heimatgefühle in ein Jazz-Folk-Gewand. Nur zwei Songs hat Cassandra Wilson selber für das Album geschrieben. Aber die anderen Stücke mit so viel Herzblut nachgezeichnet, dass aus dieser zart und transparent arrangierten Platte ein Wilson-Meisterwerk geworden ist. Übrigens: Cassandra Wilsons Debüt als Leaderin, POINT OF VIEW von 1985, ist seit kurzem via Winter & Winter wieder erhältlich. Auch empfehlenswert.

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