CD-Platten

Ein aufmerksamer ME/Sounds Leser rief kürzlich an, weil er sich offenbar herzlich über die Qualität der CompactDisc-Version von I Robot, einem der vielen Bestseller des Alan Parsons Project, geärgert hatte. Die bei der PolyGram gefertigte Digitalplatte (Arista 610 142-222) weise neben merklichem Bandrauschen schon ab der 25. Sekunde des Titelstücks im rechten Kanal kräftige Verzerrungen auf, und zwar auf sämtlichen ausprobierten Playern mit allen überprüften Exemplaren. Verzerrte Passagen seien gelegentlich auch später zu hören, aber die ab 25. Sekunde im Intro zu „I Robot“ seien die gravierendsten. Daraufhin habe er sich die „audiophile“ Version von I ROBOT besorgt, die die kalifornische Firma Mobile Fidelity Sound Lab beim japanischen Sanyo-Konzern hatte herstellen lassen (Bestnr. MFCD 804/deutscher Vertrieb durch Erus Technik, Eschborn). Die sei zwar viel teuerer, aber technisch völlig in Ordnung, weil sie die reklamierten Verzerrungen nicht aufweise.

Eine Überprüfung des Sachverhalts ergab folgendes trostloses Bild: Die besagten Verzerrungen weist tatsächlich die komplette CD-Auflage von I Robot auf, die in Deutschland hergestellt wurde. Es handelt sich also nicht um einen Exemplarfehler, der von einigen Playern nicht „korrigiert“ werden kann.

Auf Anfrage erklärte der verantwortliche Techniker bei der Qualitätskontrolle der PolyGram-CD-Fabrik, man habe den Auttraggeber (die Bertelsmann-Tochter Sonopress, Tonträgerhersteller für Ariola, RCA und andere Plattenfirmen) rechtzeitig darauf hingewiesen, daß auf dem angelieferten U-Matic-(Video)Band stellenweise Verzerrungen aufträten. Der aber habe Order gegeben, die CD trotz der erkannten Band-Defekte zu fertigen.

Das Kind ist also in den Brunnen gefallen und der Vorgang peinlich genug. Denn normalerweise sollte man annehmen, daß für die Herstellung der ganz und gar nicht billigen CDs möglichst technisch einwandfreie Bänder verwendet werden. Bei der PolyGram als Lohnfertiger für viele internationale Plattenfirmen achtet man schon deswegen penibelst auf die technische Qualität der zu verarbeitenden Bänder, weil man den Digital-Tonträger beim Käufer nicht in Verruf bringen möchte. In diesem Fall allerdings hat der Auftraggeber sogar wider besseres Wissen technische Defekte aufs Digitalplättchen überspielen lassen – mutmaßlich aus Kostengründen. Denn die Erstellung eines neuen U-Matic-Bandes mit sämtlichen Subcodes und Zusatzinformationen kostet einige tausend Mark!

Leider ist die Qualität der Japan-CD von I ROBOT auch nicht gerade rühmenswert. Sie weist zwar, wie unser Leser richtig feststellte, nicht die deftigen Verzerrungen an den bestimmten Stellen auf, und das Bandrauschen erscheint subjektiv geringer als bei der Ariola-CD. Allerdings nur scheinbar, denn der Überspielpegel wurde absolut genommen um circa 3 bis 4 dB niedriger eingestellt; was auf gut Deutsch heißt: die Lautheit wurde um etwa 40 Prozent reduziert. Hört man dann aber beide CDs bei gleicher Lautstärke ab, dann ist das Analogband-Rauschen praktisch identisch.

Wer sich über fehlerhaft transferierte Bänder oder Fertigungsmängel auf CD ärgert, die auch die beste Fehlerkorrektur des eigenen Players nicht „heilt“, dem kann ich nur den in diesen Spalten schon mehrfach ausgesprochenen Rat geben: reklamieren!

Ein ähnlicher Fall ist eine jüngst aus Holland gelieferte Greatest Hits Anthologie von Elton John (BR Music BRCD 14), für die laut Hüllenaufdruck angeblich die Mehrspur-Bänder neu auf Stereo-Mutterband abgemischt wurden, und zwar digital. Hier handelt es sich offenbar um einen Schwindel bei der Behauptung „Digital Remix“. Denn im Vergleich zu dem bei der PolyGram gefertigten Original-CDs, insbesondere aber zu der von Produzent Gus Dudgeon neu digital abgemischten „The Superior Sound of Elton John“-Kollektion weist die bei der französischen CD-Fabrik MPO hergestellte Greatest Hits-Zusammenstellung bei vielen Titeln erheblich stärkeres Rauschen der benutzten Analogbänder auf. Die Lizenznehmer haben, dem deutlichen Tape-Hiss nach zu urteilen, mit Ü-Kopien fragwürdiger Qualität gearbeitet. Daß die Spieldauer dieser x-ten Greatest Hits von Elton John bei 14 Nummern etwas über 63 Minuten liegt, ist da nur ein geringer Trost für den Käufer.

Empfehlenswerter ist da schon der jetzt auch als CD erhältliche Multimillionen-Seller Sports von Huey Lewis And The News (Chrysalis 610 314) der – man höre und staune – wesentlich besser klingt als die teurere audiophile LP-Pressung, die vor einigen Monaten Mobile Fidelity Sound Lab herausgebracht hatte.

Wer das nötige Kleingeld und gute Beziehungen hat, außerdem auch noch eingeschworener Pink Floyd-Fan ist, der sollte sich umgehend Animals (CBS/Sony 32DP360) als Japan-Import besorgen.

Denn von allen Pink Floyd-CDs, die bislang veröffentlicht wurden, weisen diese im Vergleich zur Electrola-LP die dramatischsten Klangunterschiede auf: wesentlich bessere Hochton-Wiedergabe, Transparenz in den Mitten und instrumentale Feinzeichnung vor allem bei den zahlreichen akustischen Passagen. Wermutstropfen für Perfektionisten, die sich schon über ähnliches bei der Dark Side Of The Moon-CD beklagen durften: Am Ende von „Dogs“ und zu Beginn von „Pigs (Three Different Ones)“ brummt es denn doch vernehmlich. Wieso, wird uns der verantwortliche Toningenieur Brian Humphries vermutlich kaum verraten.

Ein Geheimnis bleibt wohl auch, warum Reckoning von R.E.M. (IRS 70044) auf importierter Japan-CD schlechter klingt als auf der holländischen LP-Pressung von CBS. Der abfallende Hochtonfrequenzgang legt die Vermutung nahe, daß bei der Nachbearbeitung für die Überspielung aufs U-Matic-Band (das Analogband zwischen den einzelnen Titeln wurde rausgeschnitten) nicht die optimale Entzerrung eingestellt wurde. Die Unterschiede sind zwar nicht kraß, enttäuschend ist das Resultat technisch gesehen trotzdem. Angesichts des musikalischen Rangs hätte man ein wenig mehr Sorgfalt erwarten dürfen.

Genau die werden Stones-Fans auch bei den CD-Veröffentlichungen von Between The Buttons (London 820 138-2) und Aftermath (London 820 050-2) vermissen. Daß das Bandarchiv bei der Londoner Decca, was die Rolling Stones-Aufnahmen der sechziger Jahre angeht, ein ziemlicher Verhau ist, dürfte mittlerweile ein offenes Geheimnis sein. Für die Between The Buttons-CD übernahm man die amerikanische Zusammenstellung (es fehlen also „Back Street Girl“ und der Bo Diddley-Rocker „Please Go Home“, stattdessen gibt’s die damals in Amerika gerade aktuellen Hits „Let’s Spend The Night Together“ und „Ruby Tuesday“); nur ist die mir vorliegende US-Pressung als schwarze Scheibe klangtechnisch besser als die CD! Die Behauptung „digitally re-mastered“ bei Aftermath wiederum kann man nur bestätigen: Mittels Equalizer wurden die Höhen so weggefiltert, daß die Klangqualität dieses Stones-Klassikers auf CD eher beklagenswert ausfiel. Auf der Rückseite findet man dann das Kürzel „AAD“, das im Widerspruch zur angeblichen Neu-Digital-Überspielung besagt, daß nur 1 : 1 das Analogband übernommen wurde. Was stimmt denn nun?

Fast schon ein wenig peinlich auch die Überraschungen, die man auf dem Art Garfunkel Album (CDCBS 10046) erlebt. Trotz prominenter Tonmeister und moderner Studiotechnik hört man da gelegentlich, wenn wie weiland bei alten Beatles-Aufnahmen – da zum Instrumental-Playback die Vokalspur aufgezogen wird und das Rauschen deutlich zunimmt. Kaum zu entschuldigen ist die Dürftigkeit der Information. Genannt werden zwar die sechs verschiedenen Produzenten der 14 Songs, aber nicht die prominenten Mit-Spieler, die ins Studio zu bitten sich Pop-Millionär Garfunkel leisten konnte.

Überhaupt keine Informationen bekommt man – bis auf den Namen des Produzenten Gus Dudgeon – mit der CD von Joan Armatradings Whatever’s For Us (Cube 853009) geliefert, die Namen der Begleitmusiker so wenig wie die Texte, die der LP beigefügt waren. Schade, denn dies ist nun wirklich in jeder Beziehung eine der absolut überragenden Pop-Produktionen der siebziger Jahre, mutmaßlich Joan Armatradings bestes Album überhaupt und klangtechnisch eine Delikatesse für Sound-Perfektionisten. Wer die vor knapp zwei Jahren bei Intercord publizierte Half Speed-LP-Version besitzt, sollte sie besser behalten. Zeichen und Wunder schließlich noch: Bei Island Records scheint man sich gegen CD-Veröffentlichungen in Europa nicht mehr zu sträuben. Die ersten Island-CDs, die nicht aus Japan oder USA kommen, sind Legend von Bob Marley And The Wailers (610 255) und The Unforgetable Fire von U2(610 194), natürlich aktuelle Bestseller von illustren Superstars der Firma. Oder zumindest relativ aktuelle Hits, die man noch bei Sanyo fertigen ließ. Mittlerweile hat die CD-Fabrik der Sonopress den Betrieb aufgenommen, so daß für die nächsten Monate endlich doch wichtige Aufnahmen der diversen von der Ariola vertriebenen Labels zu erwarten sein dürften. Ob man jetzt auch auf die CDs der- klanglich so hervorragenden Fairport Convention hoffen darf?

Bezüglich der Klangqualität sind die CDs von Bob Marley und U2 mit den LP-Pressungen praktisch identisch; denn die Sonopress hatte schon vor geraumer Zeit das DMM-Verfahren lizenziert und überspielt LPs ausnahmslos in dieser Kupferfolien-Technik, die bis auf minimale und eher für Meßtechniker interessante Abweichungen einen 1 : 1 -Transfer von Band auf Analogplatte ermöglicht. Das gilt auch für Bruce Cockburns Stealing Fire (Pläne 88 392), wo zwischen der schwarzen Scheibe (bei Sonopress gefertigt) und der Japan CD klanglich praktisch keine Unterschiede zu registrieren sind.

Die hört man bei Lou Reeds BERLIN (RCA PD 84388), Waiting For The Sun von den Doors (Elektra 042 041) oder auch On The Border von den Eagles (Asylum 243 005): wegen der seinerzeit miserabel ausgefallenen Überspielung des Lou Reed-Albums oder der ziemlich fürchterlichen Preßqualität, in der mir zumindest die Doors-LP vorliegt.