Charlie Musslewhite – Best Of The Vanguard Years

Ein Lebenslauf mit legendären Zutaten: Geboren in Mississippi, aufgewachsen in Memphis und im Alter von 18 Jahren nach Chicago ausgewandert, um den Blues fortan in der großen Stadt zu spielen. Die Rede ist aber nicht von einem schwarzen Landarbeiter, der im Zuge der Wirtschaftsdepression sein Glück im Norden versuchte, sondern von einem weißen Jungen. Man schreibt auch nicht 1932, sondern 1962. Musselwhite, in den Clubs um Memphis bereits ein gerngehörter Gast an der Harmonika, avancierte in Chicago zum Sideman für Robert Nighthawk, Homesick James und Walter Horton, arbeitete jedoch tagsüber-wie viele seiner schwarzen Blueskollegen – in der Fabrik. Mitte der 60er nahm ihn Vanguard Records unter Vertrag, und Musselwhite wurde professionell. Er nahm durchweg gute Alben auf, spielte mit prominenten Kollegen und hatte dennoch ein Problem: Nicht nur der Blues hatte es ihm angetan, auch der Booze, und zwar nicht zu knapp. Alkoholentzug war angesagt, denn während der Bluesboom viele weiße Jungs in die erste Liga spülte, blieb Musselwhite ein Lokalheld – in zweierlei Hinsicht. Hört man die 20 Aufnahmen von BEST OF THE VANGUARD YEARS, eingespielt zwischen 1965 und 1994, wird deutlich: Wenige Weiße können mithalten, wenn Musselwhite die Bluesharp bläst, am ehesten noch Paul Butterfield und Kim Wilson. Seine jeweiligen Begleiter spielen ebenfalls kompakt, druckvoll und spannungsgeladen, zudem macht Musselwhite auch als Sänger eine gute Figur.