Chet Baker – Blue Notes

Unter den vielen traurigen Geschichten von gestrandeten Größen des Jazz übt die des 1929 in Oklahoma geborenen und 1988 unter mysteriösen Umständen in Amsterdam gestorbenen Chesney „Chet“ Baker eine besondere Anziehungskraft aus. Bereits im Todesjahr des Trompeters, 1988, löste „Let’s Get Lost“, der umstrittene Dokumentarfilm des Starfotografen Bruce Weber, eine kurzfristige Baker-Mania aus. Seitdem wird die Story des hübschen Jungen mit dem sanften Trompetenton und der noch sanfteren Stimme, der in den 50ern zu einer Symbolfigur des Westcoast-Jazz-Booms gehypt wurde und später demütigende Jahrzehnte voller Drogendramen durchlebte, immer wieder irgendwo aufgegriffen. Der in Berlin lebende Journalist Lothar Lewien hat für sein Buch und die Leiden des Chet B. seinen ganz eigenen Ansatz gefunden: Er schreibt aus der Perspektive des mitleidenden Fans, packt den Stoff als paradigmatische Geschichte einer Passion an, in bewusst subjektivem, manchmal geradezu naivem Ton. Wenn es um Fakten. Fakten, Fakten geht, sind konventionell erzählte Biografien gewiss nützlicher (etwa Jeroen DeValks nüchternere Baker-Bio aus dem Oreos-Verlag), Aber diese Chet-Story hier erzählt eben ihre eigene Wahrheit- und die geht über die Leben von Chet Baker und Lothar Lewien hinaus. Ganz ohne Nutzwert freilich lässt auch Lewien seinen Leser nicht zurück: Immerhin über 106 Seiten erstreckt sich seine kommentierte Diskografie – bei der umfangreichen und in der Qualität extrem schwankenden Alben-Hinterlassenschaft Bakers eine ausgesprochen sinnvolle Orientierungshilfe.

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