Chris Letcher – Frieze

Der vielseitig interessierte, für Experimente offene und doch immer und irgendwie den Beatles verpflichtete Popmusikant…den gibt’s ja auch nicht mehr. Das kann sich doch keiner mehr leisten: ewig in der Kammer herumhängen, sammeln und schreiben und collagieren, verwerfen, verbaseln, poetisch werden und dann technisch in nächtelanger Studiofriemelei. Heute sind junge, leistungsstarke Bands gefragt, die ausdauernd touren, zwischendurch spontan-punkig und marktwirtschaftlich effektiv Albumtracks, EPs, B-Seiten, iTunes-only-Nummern einspielen und T-Shirts verkaufen. Crowded House. Suzanne Vega. Luka Bloom etc. – das war ein mal (oder macht eben noch so vor sich hin). Chris Letcher leistet sich den Luxus trotzdem. Vermutlich geht das auch nur,weil der in Südafrika geborene und in London lebende Ex-Kompositions- und Filmmusikstudent bereits Aufträge aus der Filmwirtschaft bekommt. Mit Frieze hat er jedenfalls ein solches ungeheuer vielseitiges Künstlerpopalbum aufgenommen. Das immer ein bisschen verstiegen und sehr produziert und arrangiert klingt. Indessen nostalgisch mit Briefpapierdesign. Poststempeln und Schwarz-Weiß-Fotos aufbereiteten Beilageheftchen von Dingen wie „prepared piano“, „spoken voice“ und „brass arrangement“ geschrieben steht. Wo zwischen und in den Songs Sirenengeheul, Lungenmaschinen und Synthesizerschwaden atmosphärische Verbindungen herstellen. Auf dem sich der Autor mit persönlichen Dingen wie mit politischen, sozialen und global moralischen auseinandersetzt-eben eine ziemliche Bandbreite des Lebens abbilden möchte. Einer wie Letcher ist mindestens so Regisseur, wie er Songschreiberist. Beides macht er ziemlich gut. Nicht zuletzt, weil er auch die Beatles nie soganz vergisst.

www.letchermusic.com