Cinematoskopisch :: The Cinematic Orchestra – Man With A Movie Camera (Ninja Tune/Zomba)

Im Jahr 2000 ließen die Organisatoren des Filmfestivals von Porto bei J. Swinscoe, dem Chef des Cinematic Orchestra, anfragen, ob er den Live-Soundtrack zu einem Stummfilm beisteuern wolle, der lange genug in den Archiven gereift war, um als Klassiker sowjetrussischen Dokumentationsschaffens endlich gebührend gefeiert zu werden. Dziga Vertovs „Man With A Movie Camera“ erzählt im Stile einer Collage die Geschichte eines Tages in einer Stadt, immer wieder gebrochen durch das Auftauchen der Kamera, die dabei selbst zu einem der Hauptdarsteller wird. Diesen Vorschlag konnte Swinscoe schon alleine deshalb kaum ablehnen: Was, wenn nicht ein Soundtrack sollte die perfekte Spielwiese für sein Cinematic Orchestra sein? Die Performance in Porto endete mit zehnminütigen Standing ovations, dieses Album (alle Formate: CD, LP, Live-in-the-studio-DVD plus Making-of-Dokumentation) transportiert das Konzept einer freien Filmmusik schlüssig auf Tonträger. Weniger die einzelne Sequenz als der Rhythmus des Ganzen stehen bei der Arbeit im Vordergrund. Swinscoe, ehemaliger Ninja-Tune-Angestellter und Jazz-Addict, hat für diese Veröffentlichung erstmals die Rolle eines Komponisten und Dirigenten eingenommen. Die Band dreht ihre Schleifen um die zentralen Melodien der Bilder – Saxofon, Piano und Turntables werden aufgetürmt, ineinander verschoben und dann wieder auseinander gezogen. Dabei entstehen wellenartige Bewegungen, lautmalerische Extratouren und kleine Lieder, die sich so schnell wieder verziehen, wie sie aufgetaucht sind. Das Cinematic Orchestra hat sich auf Man With A Movie Camera selbst gespielt: ein Tag im Leben einer Film-Kamera.

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