Creed – Human Clay

HUMAN CLAY ist bereits die zweite Creed-Platte in diesem Jahr, und doch ist die Truppe beim ersten Hördurchgang kaum wiederzuerkennen. Denn inzwischen setzt das Quartett aus Tallahassee, Florida, nicht nur auf mehr Härte und Aggressivität, sondern auch auffunkige Basslinien und sphärische Elektronik. Kein Vergleich also zum ebenso verhaltenen wie naiven MY OWN PRSION, das noch von übermächtigen Vorbildern wie Alice in Chains, Soundgarden oder Nirvana bestimmt war, Grungefür die post Cobain-Generation bot und sich deshalb vier Millionen Mal verkaufte. Etwas ähnliches dürfte sich mit HUMAN CLAY allerdings kaum wiederholen. Einerseits, weil sich hier nicht ein einziger potentieller Single-Hit findet (MY OWN PRSION hatte immerhin vier davon), sondern weil es der Band diesmal um etwas ganz anderes geht: Den Schritt in die musikalische Selbständigkeit, das Entwickeln einer eigenen Identität und den Verzicht auf die allgegenwärtige Melancholie. Folglich hat sich nicht nur der musikalische Ansatz geändert, sondern auch der lyrische: Frontmann Scott Stapp liebt es immer noch kryptisch, betreibt aber längst nicht mehr einen so schonungslosen Seelenstriptease wie auf dem Debütalbum. Auch religiöse Themen sind weitestgehend in den Hintergrund getreten. Dafür dominieren private Probleme – etwa die Rolle des Frontmanns als Vater, eine gescheiterte Ehe, der wachsende Erfolgsdruck und der globale Mangel an Spiritualität. Genug Stoff für zwölf Songs, die nicht ganz so eingängig sind, wie die des Debütalbums, aber immer noch weit über dem Durchschnitt liegen.