David Sylvian :: A Victim Of Stars 1982-2012

Virgin/EMI

Zwischen Hedonismus und Bitterkeit: die schaurig-schönen Ambient-Esoterik-Elegien des ehemaligen Sängers von Japan.

Mick Karn, Bassist extraordinaire, und Vokalist, Gitarrist und Komponist David Sylvian waren einmal Freunde. Als Jugendliche aus der trostlosen Londoner Vorstadt Lewisham mit einem Faible für kunterbuntes Haarstyling und feminine Garderobe gründeten sie mit drei Kumpels die Band Japan. Von 1977 bis 1982 veröffentlichte die Formation fünf jeweils in einem anderen musikalischen Stil gehaltene Alben – bis David Sylvian Mick Karn die Freundin ausspannte. Danach verstieg sich Sylvian in esoterische Solowelten. Nur noch einmal sollten die beiden zusammenspielen. Das war 1991, als die alten Japan sich als Rain Tree Crow reformierten. Eine weitere Kollaboration der New-Romantic-Vorreiter wird es wohl erst wieder im Jenseits geben. Mick Karn starb 2011 mit nur 52 Jahren an Krebs. A Victim Of Stars 1982-2012 erinnert in 31 Tracks auch an Japan. Ganz kurz, gleich zum Auftakt mit dem sphärischen „Ghosts“ vom Meilenstein Tin Drum. Dann folgt ausschließlich Solistisches, wie die ersten Aufnahmen „Bamboo Houses“, „Bamboo Music“ und „Forbidden Colours“ – letzteres aus dem Kinofilm „Merry Christmas, Mr. Lawrence“ mit Sylvians großem Vorbild David Bowie in der Hauptrolle und mit Ex-Yellow-Magic-Orchestra-Mann Ryuichi Sakamoto als sein Gegenspieler. Mit dem Japaner Sakamoto wird Sylvian ebenso wie mit Robert Fripp, Mark Isham, Bill Nelson, David Torn und Ex-Ehegattin Ingrid Chavez immer wieder mal künstlerisch kollaborieren. Aus dem einst so lebensfrohen Hedonisten in Platinblond wird im Laufe von Jahren und Jahrzehnten ein Einsiedler, Melancholiker und Verbitterter. Chronologisch haken die Albenklassiker ab: Exotisches von Brilliant Trees (1984), Ambienthaftes von Gone To Earth (1985) und Halbakustisches von Secrets Of The Beehive (1987). Robert Fripp gibt den zeitweiligen Wegbegleiter. Spiritueller denn je gerät im Jahr 1999 Dead Bees On A Cake. Zwischen Blemish von 2003 und Manafon sechs Jahre später gründet Sylvian spontan eine Band namens Nine Horses. Einen unveröffentlichten neuen Track gibt es auch mit der programmatischen Frage an sich selbst: „Where’s Your Gravity?“.