Der Aufschwung ist da!

Endlich eine gute Nachricht, verkündet vom deutschen Traumduos der Witzezeichnerei und komischen Malerei; unterstrichen wird die erfreuliche Wasserstandsmeldung durch das Titelbild. Wer weniger nach Wurst, mehr nach über 200 diskret komponierten, schwarzweiß getuschten und überwiegend saukomischen Zeichnungen dürstet, deren Witz sich meist an politischen Tagesereignissen entzündet und dennoch überzeitliche, ja olympische Qualitäten besitzt, ist hier ebensogut „bedient“. Achim Greser & Heribert Lenz haben sich die Klagen der Menschen zu Herzen genommen und die Servicewüste Deutschland durch Bild und Wort in eine Oase des Komischen verwandelt. Dabei arbeiten die durch und durch freundlichen Unterfranken an einer Art Chronologie der Bundesrepublik und entfalten mit großer Liebe zu den Menschen, die nicht die hiesige Schweinepresse bevölkern, und zu den Interieurs, in denen sie leben, einen Kosmos des Wahren, Falschen und Tatsächlichen. In diesem Bilderreich wird niemand vorgeführt, niemand denunziert. Ein Mann mit Schiebermütze z.B. hockt im beengten ostdeutschen Garten und sagt, ohne sein Weib anzuschauen: „Ob ich nu 35 Stunden arbeitslos bin oder 40, ist mir eigentlich ejal.“ Die Frau verzieht ein wenig das Gesicht, die zwei Kaffeetassen und derTrockenkuchen auf dem Tisch sind akkurat angeordnet. Mehr muss nicht gezeigt werden, um Wirklichkeit zu zeigen und einen lösenden, wärmenden, vom Dauerdruck der neoliberalen Schwachsinnswelt entlastenden Effekt zu erzielen. Viele der Bilder wirken wie Filmstills. Man glaubt zu wissen, was vor diesem einen Augenblick geschehen ist und auf ihn folgen wird. Nicht nur, weil sie das Erzählen schätzen und pflegen, verachten Greser &. Lenz die fingerfuchtelnde Karikatur, die den Leitartikel verdoppelt oder irgendwem „die Maske vom Gesicht reißt“. Claudius Seidl merkt im Nachwort zu Recht an, dass Greser & Lenz „mit der Welt der Leitartikel nichts zu tun haben wollen /…/, weil sie, vermutlich als erste politische Zeichner in diesem Land, erkannt haben, dass man Meinungen vielleichtformulieren, aber bestimmt nicht zeichnen kann „. Zeichnen können die beiden wie wenige andere, und dabei entsteht eine hohe Kunst mit unerschütterlichem moralischem, ja ethischem Anspruch. „£5 hat jeder ein Anrecht darauf, bekennt der granatensvmpathische Herr Lenz, „in unseren Witzen schlecht wegzukommen.“ Auf dass es uns wieder gutgehe.