Der Vogel ist ein Rabe

von Benjamin Lebert KiWi, 128 Seiten, 9,90 € Das zweite Buch des Senkrechtstarters ist kein Roman – und auch sonst nicht viel.

I Seit crazv lauern auf Benjamin Lebert die Geier, reiben I sich die Krallen in hämischer Vorfreude, die größer wird mit jedem Halbjahr, das verstreicht ohne neue Zeilen des Jungstars, der – unfreiwillig – viel Angriffsfläche bietet für Neid und wohlige Skepsis: Durch Familien- und Bekanntenbande zum Medienereignis geworden, als Teenager mit einem kaum substantiellen, aber leidlich witzigen und spannenden Kleinroman auf die Bestsellerlisten geraten, verfilmt gar und das auch noch erfolgreich – dass der Nachfolger nun als unspektakuläres (allerdings enorm teures] Taschenbuch erscheint, mag man als Vorsichtsmaßnahme deuten. Ein paar kleine Schwächen vorab: Ein bisschen mehr lektorische Mühe wäre wünschenswert gewesen, was fehlende oder überflüssige Satzzeichen, Wortverwechslungen und diverse Feinheiten der deutschen Sprache betrifft I ….. als läge sie ziemlich viel Wert darauf, …“. Als Erzähler erreicht Lebert kaum Heftroman-Format; die oft bewunderte Lakonie junger Autoren wirkt bei ihm bloß wie ein Produkt der Hilflosigkeit, und damit sind wir bei den größeren Schwächen. Die Geschichte einer jugendlichen Dreiecksbeziehung, die Lebert zunächst schildert (d.h. schildern lässtl, ist nicht originell und hätte einen Autor gebraucht, der sich wenigstens für eine seiner Figuren interessiert. So rauscht die Handlung am Leser vorbei wie ein Schnellzug (in dem sich die zwei Erzähler aufhalten), nur hie und da festgezweckt an Bildern, die an Soap-Opera-Szenen erinnern, und ehe man eine der Gestalten erkennt, ist auch schon alles vorbei. Zudem ist dieser Teil der Geschichte aufgebläht mit pseudogewichtigen Binsenweisheiten und Kinderzimmer-Philosophie von so schreiender Banalität, dass man unwillkürlich zum imaginären Rotstift greift. Vielleicht hat Lebert gespürt, dass das, auch noch derart grob skizziert, nicht genügen kann, und daher eine zweite Geschichte dazugemischt, die nun allerdings so grell hingeklatscht ist wie der unbeholfene Versuch einer Jerry-Cotton-Episode. Die plakativen sprachlichen Derbheiten, wohl provokant gemeint, lassen das letzte Fünftel des Buches vollends zum Klischee-Geschmetter verkümmern; und, Verzeihung: Der Schluss ist einfach Mist. Man wünscht Benjamin Lebert für die Zukunft einfühlsame Betreuung, um zum Kern dessen, was er erzählen will, vorzudringen und sich diesem Kern zu widmen. Das Skelett von der vogel ist ein rabe böte Stoff für eine möglicherweise kurze, aber spannende Story. Vielleicht schreibt er sie irgendwann, wenn sich die Wolken von übertriebener Erwartung und hämischer Vorfreude verziehen und er Zeit und Muße hatte, sein Talent zur Kunst zu bilden.

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