Devo – Duty For The Future

„Die Natur gibt ihnen nur fünf Tage zum leben“ – wir sehen eine Hand voll Tomaten – „Verpackungen machen Produkte haltbar, schützen sie vor äußeren Einflüssen.“ Anzeige einer Verpackungsfirma.

„Afraid nobody round here understands my potato / I think I’m only a spudboy / looking for a real tomato.“ ‚Smart Petrol‘ / Devo.

Entgegen der De-Evolution-Theorie haben sich Devo mit ihrem 2. Album weiterentwickelt – hin zum Top-100-Klinik-Markt; dies betrifft nicht den Inhalt/ die Konstruktion der Songs auf ‚Duty‘, sondern die glatte / polierte Produktion von Ken Scott (der u.a. auch die Tubes reinwäscht). Vorbei ist die Zeit der von Eno produzierten Erschütterung, die uns mit ‚Are We Not Men? We Are Devo!‘ erreichte (zusammen mit den Ton-Collagen der Residents das wichtigste Ton-Bild-Ereignis im Jahr ’78). ‚Duty‘ ist weniger a-rhythmisch, weniger a-melodisch, weniger ungehobelt – es macht zugleich deutlich / klar (mehr als all ihre bisherigen Vinyl-Produkte), wo der Devo-Ursprung liegt: in den Schluchten des Ohio-Bubble-Punk.

Rückblende 1967/68. Mit dem Zwitter-Quak-Gesang und ihren keyboard-wirbelnden Hack-Rhythmen sind die Devo-Songs die logische de-evolutionäre Konsequenz aus den ursprünglichen Stücken desOhio-Bubblegum wie ‚Yummy Yummy I Got Luv In My 0′ Soul‘ von der Music Explosion. Manchmal kann man auch die Devo-Songs noch im Laufstall mitsingen: ‚Strange Pursuits‘, ‚Blockhead‘, The Day My Baby Gave Me A Surprize‘ und vor allem das überdrehte ‚Red Eye‘. Aber während der Dreijährige das ‚Yummy Yummy‘ noch voll durchhalten konnte, so wird er durch das ewige go-and-stop-and-goand-stop-and-start-again der Devo-Rhythmik immer wieder aus dem Spiel gerissen.

Inhaltlich präsentiert die 2. Devo-LP das klassische Devo-Thema: die bissige Dokumentation des Entwicklungsstandes der Menschen / der Technik in unserer zivilisierten West-Welt, ‚Clock Out‘ z.B. bietet den Technokraten, krank im Kopf, von seinem Therapeuten vollgepumpt mit Drogen, den Menschen ohne Sex, der es aber gut versteht, von den letzten Feuern des sterbenden Kapitalismus zu profitieren: „I got my coat, I got my keys / I got my head down to my lungs/ And move my feet / Got all the secretaries / Down on their knees / Me I got the biggest little buisiness down on the block / I’m making sales hand over fist / I got a vacuum just asleep between my hips / Take my advice, hear my decree / I’m afraid the future’s gonna be maintenance free.“ Ähnliches taucht auf in „Secret Agent Man‘, ‚Smart Patrol‘ / Mr. DNA‘ – Geschäftsleute handeln wie Hirnamputiere, Dumm-Dumm-Köpfe kontrollieren das Geschehen: „We’re the smart patrol / Nowhere to go / Suburban robots that monitor reality / Common stock / We work around the clock / We shove the poles in the holes“ („Smart Patrol“). Diese Songs (plus „Blockhead“) datieren aus Devos ‚Mongoloid‘-Ära. Genau wie ersten Devo-Album hat man übrigens wieder die Texte beigefügt; man muß sie nur finden!

Nach-Gedanke: Vorerst haben Devo mit ‚Duty‘ ihren Ausgangspunkt (1976) der rohen, harten A-Ryhthmik verlassen; jene Zeit, als sie noch Scheibenwischer und Waschmaschinen als Rhythmusinstrumente einsetzten. Und so eigenwillige Songs machten wie ‚Huboon Stomp‘ oder ‚Can You Take It‘ („Dreamed I laid a toaster / Daddy caught me in the act!“); diese wollen sie erst veröffentlichen, wenn das Publikum die Devo-Musik akzeptiert hat und zuhört. Das wird ihnen mit dieser LP gelingen.

Es gibt zwei Wege, die man gehen kann: den Residents-Weg, d.h. Platten nicht als Dokument von Songs, sondern als Serie von aufgenommenen Geräuschen / Tönen (die ’nur‘ vage wie Musk klingen), Ignoranz der Publikum-Forderung, Isolation, damit die Arbeiten Ergebnis wirklich eigener Vorstellungen sind! Der Devo-Weg zielt (jetzt) auf das Erreichen / Ansprechen möglichst vieler Menschen; sie machen Platten mit Songs, die sich vielfach verkaufen sollen…werden…