Die letzte Verführung :: Film des Monats

Es wurde aber auch höchste Zeit: In ‚Die letzte Verführung‘, einem außerordentlich smarten Thriller von John Dahl, läßt endlich mal wieder eine klassische Femme Fatale die Leinwand in dunklem Licht erstrahlen. Keine von der modischen Sorte, die unter „den Waffen der Frau“ eine geladene 45er versteht, sondern eine souveräne, mörderisch raffinierte Queen Bitch, die so kühl Verbrechen einfädelt, Kerle um den Finger wickelt und betrügerisch für ihren Profit sorgt, daß man sie dafür einfach lieben muß. Kathleen Turner hatte dieses Format in ‚Eine heißkalte Frau‘ – doch das ist knapp fünfzehn Jahre her, und seitdem hat das Kino die edle Film-noir-Tradition kluger Killer-Ladies sträflich vernachlässigt. Doch nun tritt ja Bridget Gregory (Linda Fiorentino) auf den Plan. ‚Die letzte Verführung‘ ist noch keine zehn Minuten alt, da hat sie sich schon mit spitzer Zunge als gnadenlos zynische Power-Frau präsentiert und ihren Mann mal eben um den Ertrag eines Drogendeals erleichtert. Mit 700.000 Dollar im Gepäck verläßt sie New York und taucht in dem wahllos angesteuerten Kaff Beston unter. Kaum angekommen, schnappt sie sich aus Spaß an der Freude einen perplexen Liebhaber (Peter Berg), dessen Qualifikation sie überprüft, indem sie ihm in einer göttlichen Szene mal eben in die Hose greift. Und Bridget besorgt sich weiterhin zielstrebig, was sie braucht. Zur Tarnung nimmt sie unter falschem Namen einen Job an und plant, sich ihres rachsüchtigen Gatten zu entledigen.

Doch allmählich wird die Lage kompliziert. Ihr naiver Sexgespiele ist hartnäckig an einer Beziehung interessiert und wird von Bridget in die Kunst der Manipulation und des Betruges eingeführt. Ein Detektiv spürt sie auf, und erstmals muß die coole Heroine rabiatere Mittel einsetzen. Und daß das Ende alles andere als happy wird, kann man sich denken, wenn sie ihren Ex-Mann und ihren vermeintlichen Komplizen zusammenführt…

‚Die letzte Verführung‘ ist ein Genuß für Freunde verästelter, intelligent gemachter Krimis. Regisseur Dahl, der sich zuvor mit ‚Kill Me Again‘ und ‚Red Rock West‘ einen Namen als Neo-Noir-Experte machte, läßt uns immer ein wenig im Dunkeln tappen und inszeniert so ein überraschungsreiches Verwirrspiel. Doch was wäre sein bester Film ohne Linda Fiorentino? Mit mehr Erotik als in fünf Sharon Stones, mit mehr Cleverness als in jeder anderen Frauenfigur der letzten Jahre und mit sichtlichem Vergnügen am Intrigieren beherrscht sie ‚Die letzte Verführung“ nach Belieben.