Die Schönen Wilden

„Ich scheiße auf die Realität , pflegt der Regisseur gern zu knurren, und: „Ich hab nur Angst, daß mir die Schauspieler den Film kaputt machen.“ Diese Angst bekämpft er dennoch wakker – und sparsam, alle fünf Jahre nämlich dreht der 44jährige Franzose Jean-Paul Rappenau einen Streifen. Insgesamt drei sind es bisher: 1965 „Leben auf einem Schloß“ (mit der Deneuve), 1970 „Musketier mit Hieb und Stich (mit Belmondo) und 1975 „Die schönen Wilden“, alles recht konventionell, wenn auch gut gemachte Leinwand-Spektakel.

Der letzte, eine märchenhafte Robinsonade, läuft nun in den Kinos, vergleichbar mit den klassischen Filmkomödien Hollywoods aus den 30er und 40er Jahren. Die Fabel ist rasch erzählt: Ein New Yorker Parfüm-Industrieller (Yves Montand) ist den Konzern, seine Frau, das Komponieren neuer Düfte, die ganze Zivilisation leid und flieht in die Karibik, wo er auf einem einsamen Inselchen haust. Ein quirliges, ruheloses Blondhaar (Catherine Deneuve) läßt ihren eifersüchtigen Verlobten und dessen Spaghetti-Clan noch vor der Hochzeit sitzen. Die beiden Emigranten – Martin und Nelly – begegnen sich zufällig: Sie bricht in seine Idylle ein, zerstört sie, wird von der Halo-Familie gekidnappt, wobei das Paradies in Flammen aufgeht. Später gibt’s dann doch noch ein Happyend in einem französischen Dorf.

Der Plot allein sagt nicht viel, man muß das sehen, mit welch halsbrecherischem Tempo diese Filmmischung aus Action und Poesie ihre dramatischen Kurven nimmt, wie hier eine Verfolgungsjagd inszeniert wird; wie die Deneuve das Boot zerhackt, der geklaute, millionenschwere Toulouse-Lautrec auf den Wellen schwimmt, Montand als verliebter Gockel kocht und der eitle, aufgesetzte Verlobte einen halben Kontinent verrückt macht, um seinen wilden Schatz wieder einzufangen. Die ganze Turbulenz wird dazu mit einer Leichtigkeit offeriert, die einem den Mund vor Staunen offen läßt.

Ein Wunder für sich, wie die beiden spielen: Catherine Deneuve, die man eher als leidende Schöne aus Filmen wie „Schöne des Tages“ (Bunuel) oder „Ekel“ (Polanski) kennt, ist so lebhaft wie selten; Yves Montand, den man aus seinen vier Costa-Gavras-Filmen („Z“, „Der unsichtbare Aufstand“ etc.) zum Beispiel ganz anders im Kopf hat, spielt mit einer ungeheuer lockeren Präsenz. „Die schönen Wilden“ ist ohne Zweifel ein ganz reines Kino-Vergnügen, ohne Sodbrennen der Gefühle, mit Pfiffigkeit und ein bißchen Lebensphilosophie.