Die Singles

Irgendwann hat letztens mal einer irgendwo gesagt: „Man muß wissen, was man tut“. Warum das hier gleich am Anfang steht? Weil es sowas von wahr ist und stimmt, man glaubt es ja kaum. Ohne weiteres glauben kann man allerdings, daß die fünf Freunde von Grandaddy noch immer wie Waldschrate aussehen und schon wieder eine prima Single am Start haben. „A.M. 180“ (Big Cat/V2/Rough Trade, nur auf Vinyl), der Song mit den niedlich fiepsenden Keyboards, ist bekannt vom aktuellen Album. Der Clou aber ist die B-Seite: Da knöpfen sich die Kalifornier Pavements „Here“ vor, Jason Lytle singt mit viel Gefühl für gutes Timing eine der besten ersten Zeilen aller Zeiten „I was dressed for success but success it never comes“ – der Rest der Belegschaft pappt zuweilen asthmatisches Gitarrengegniedel mit Keksdosenschlagzeug drauf und fertig ist die Laube. Sehr fein.

Ähnlich wie bei Grandaddy sieht die Sache bei Mercury Rev aus. Das hymnische, melodietrunkene „Goddess On A Highway“ (V2/Rough Trade) ist auf dem auch in dieser Gazette völlig zu recht gelobhudelten Album „Deserter’s Songs“ drauf, die B-Seite ist preßfrisch. Und macht vom ersten Ton an klar, warum Jonathan Donahue und die Seinen mitunter als herrlich verhuscht gelten: „Ragtag“ mit seinem energischen Getrommel, tüchtig tirilierenden Klarinetten,Trompeten, Pfeifen, Banjo und allerhand anderem Zipp und Zapp ist reinster Dixieland-Jazz. Und wer das vorher geahnt hat, gewinnt ein paar fabrikneue Jeans-Pantoffeln. Jawohl.

Ein klares „ja“ setzt es auch für die aktuelle Single von Herrn Hansen, Vorname Jack. „Tropicalia“ (Geffen/Universal) heißt das kleine Stück Schallplatte, und es macht Spaß. Weil „Tropicalia“ eine muntere Mitmach-Nummer mit fluffigen Bossa-Nova-Beats, funkigen Piepsern, schwer groovender Percussion und schönen Trompeten ist. Und natürlich schön smooth. Unbedingt empfehlenswert auch die Flipside: „Halo Of Gold“ ist „previously unreleased“ und erfreut mit einem Schweinsgalopp durch diverse Stile und einer Textzeile, die auch Johnny Cash schon mal gesungen hat: „I Walk The Line“. Sagen wir’s noch mal ganz simpel: Ein Oualitätsprodukt.

Wechseln wir die Garage und parken in der Elektroabteilung – und zwar bei Antonelli Electr. Der Mann hinter dem Projekt heißt Stefan Schwander und ist eigentlich Möbelbauer. Und seine Möbel, so hört man, sind eher reduziert, minimal und streng konzipiert. Ähnlich gehts auch zu. wenn Schwander die Möbel Möbel sein läßt und zu Antonelli Electr.wird. Auf der Maxi „I Don’t Want Nobody Else But You“ (Italic/EFA) klöppelt repetitiv ein dezentes Bumm Bumm, zwischendurch zischelt’s schön regelmäßig, und irgendwann sind dann alle vier Beine am Stuhl dran. Wir setzen uns drauf, schlürfen einen Milchkaffee und chillen uns locker. Macht:

Mit Karacho in Richtung nächstes Millenium geht’s im Hause „Kompakt“. Die Kölner haben justament ein neues Exdusiv-tabel mit hehrem Anspruch ins Leben gerufen: Jede Woche eine neue Seven Inch im ’99er Jahrgang. Wir hören fürs erste die Single „99/2“ (Kreisel 99), vermuten mal schwer, daß Mike Ink irgendwie dahinter steckt und freuen uns darüber, daß man zu dem flippigen kleinen Stückchen Acidinspirierter Elektronik so funky an der Theke mitwippen kann. Wird mit steigendem Bierkonsum übrigens immer noch mehr funky.

So, sind wir fast am Ende. Einen haben wir aber noch. Und der kommt von Wolfgang Voigt, der uns diesmal nicht unter irgendeinem Pseudonym (Mike Ink, Gas, Dom etc. pp.) kommt, sondern als der, der er wirklich ist: als Wolfgang Voigt. Und als solcher zeigt er uns, wie ein Rheinländer die bekannteste aller bayerischen Kulturveranstaltungen in großartige Geräusche umsetzt. Auf der Maxi „Oktoberfest“ (Neuton) gibt’s kein Gebimmel, kein Gedöns, dafür aber solides Gebretter – mit knarzigen Soundschleifen, in die recht genial partiell „ChildrenOf The Revolution“ von T. Rex reingebastelt wurde. Wer kann dabei schon still stehen. In diesem Sinne: oans.zwoa, g’suffa.