Die Superfusselduse

von F.W. Bernstein

Kunstmann. 198 Seiten. 16.90 £

19 Dramen voller Witz, Sinn, Unsinn und Sprachmusik.

Dass sich der große F. W. Bernstein statt um die eisige Klassizität des reifen Goethe viel lieber um „ein wunderbar wüstes Personenverzeichnis “ des Frankfurter Grünschnabels kümmert und mit den Angaben zu den Dramatis personae der Fragment gebliebenen Satire „Hanswursts Hochzeit“ ein „mikrokosmisches Drama“ baut, das aus wenig mehr als dem dialogisch gebrochenen Vortrag ebenjener Charaktere – von „Ursel mit dem kalten Loch, die Tante“ bis zu „Magister Sausack, Pastor loci“ – besteht, das freut uns vom waltenden Botho-Strauß-Schwulst und Florian-Illies-Schwampf Geplagte gewaltig; und es gibt uns anlässlich des Erscheinens seiner gesammelten Theaterstücke neuerlich Gelegenheit, den neben Eckhard Henscheid anarchischsten Dichter der Neuen Frankfurter Schule zu preisen. In seinen „19 Dramen in unordentlichem Zustand“ macht sich Bernstein über allerhand Heiligtümer des Bildungsbürgertums her, etwa über den Tannhäuser-Stoff. In „Der Sängerkrieg auf der Wartburg“ stellt der edle fahrende Ritter einen mächtig doofen und lustigen Dazwischenquatscher dar, der den Wettbewerb – eine Grammatikübung, die Konjugation mittelhochdeutscher Verben – für sich entscheidet, indem er einen ungeheuerlichen Reimschmarrn zusammendengelt, dessen betörender Sinnlosigkeit die Konkurrenten samt und sonders verfallen. In dem „Stückwerk“ „Zwist unter Machthabern oder: Wenn das Machiavelli wüsste“ gibt der Meister der semantischen und strukturellen Verwilderung, nach Art der ganz modernen Dramatik selber auftretend, sein poetologisches Credo preis: „Erst kommt der Reim, dann kommt der Sinn! /Sinnverlust ist Lustgewinn!“ Das lässt man sich nicht zweimal sagen und legt „Herr Lediglich und die Scheißkerle“ nach, einen hochkathartischen Geniestreich der absurden Handlungsentwicklung, und „Das Landexamen“ folgt gleich hinterdrein, schon der Tatsache wegen, dass komische dramatische Literatur ihre Qualitäten bereits in den Regieanweisungen unter Beweis zu stellen vermag. Was will man mehr? Vielleicht ein wenig Sorgfalt, die verhindert hätte, dass z. B. in den Quellenangaben der „Superfusseldüse“ einiges durcheinanderpurzelt. 5 JÜRGEN ROTH >>>

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