Die Tänzerin:: Regie: Stéphanie Di Giusto

Loïe Fuller erschuf um 1900 einzigartige Traumwelten mit ihren revolutionären Tänzen und mit großem technischen Aufwand. Das Biopic kann aber nicht an diese hohe Kunst heranreichen.

Soko ist ja eigentlich Musikerin. Sie ist die, die mal „I’ll Kill Her“ gesungen hat und die man bloß nicht mehr darauf ansprechen sollte, dass sie für diesen Song verantwortlich ist. Jedenfalls ist Soko keine Schauspielerin. Das ist auch für die Französin selbst ganz wichtig, diesen Umstand immer wieder zu betonen. Und trotzdem stand sie schon einige Male für TV- und Kinoproduktionen vor der Kamera und nun hat sie sogar in dem Biopic über Loïe Fuller, der Pionierin des Modern Dance, die Hauptrolle übernommen. Das kann ja dann nicht gut gehen.

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Zum Inhalt: In gut anderthalb Stunden kriegen wir verklickert, was für eine Perfektionistin Marie Louise Fuller (also Soko) ist. Sie will tanzen – aber nicht wie die anderen. Also fertigt sie unzählige Zeichnungen und Entwürfe an, bis sie das ideale Seidengewand für die Bühne hat. Das mehrlagige Teil ist zwar höllenschwer und kommt dazu noch mit hölzernen Armverlängerungen, aber das alles hindert Fuller nicht daran, sich damit wie wild zu drehen und die Arme umherzuwirbeln. Mit dem richtigen Licht wirkt Fuller wie ein menschengroßer Schmetterling. Manchmal aber auch wie ein Kelch. Oder ein Traumgebilde, das es zu enträtseln gilt.

Auftritt: Johnny Depps Tochter

Schon bald wird sie unter den Namen Loïe Fuller berühmt. Die Tänzerin zieht es aber außerhalb ihrer avantgardistischen Bühnenshow nie ins Scheinwerferlicht. Sie gibt sich ganz der Kunst hin – ihren ganzen Körper scheint sie dem gewidmet zu haben. Erst eine Neue in Fullers Gruppe, gespielt von Lily-Rose Depp, zeigt eine andere Art des Umgangs mit dem Tanz. Sie bewegt sich ganz frei und improvisierend, sie benötigt kein großes Lichtspektakel.

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Speziell dieser Gegensatz zwischen den beiden Frauen gibt dem Film eine spannende Dynamik. Da ist die eine, die im Dunkeln mit sich selbst hadert und sich sorgt, was andere wohl über sie denken könnten. Und dann ist da noch die andere, die es liebt im Mittelpunkt zu stehen und dabei genau weiß, wie viel sie wert ist. Dennoch schafft es Stéphanie Di Giusto in ihrem Debüt nicht, die Reibung aufrechtzuerhalten. Immer dann, wenn sie sich fast traut aus der reinen Tänzerinnengeschichte auszubrechen, knickt sie in letzter Sekunde doch ein und setzt auf eine Nahaufnahme der leidenden Soko. „Die Tänzerin“ fühlt sich an, als würde man Beifahrer bei jemanden sein, der immer kurz aufs Gas steigt, nur um dann wieder gleich abzubremsen. Und das immer und immer wieder. Da kann einem ja nur übel werden!

Angst vor dem eigenen Können

Klar, Soko hat Charisma. Trotzdem schafft sie es nicht eine Spielfilmlänge für sich zu vereinnahmen. Die Angst vor dem eigenen Können und die Unbeholfenheit in der Gesellschaft werden in einer derartigen Dramatik gezeigt, dass es an Kitsch grenzt. Die Größe der Tänzerin wirkt aufgrund der ausgedehnt dargestellten Gefühligkeit verwässert.

Dass es auch anders geht, verdeutlicht Lily-Rose Depp. Ihre Figur wird in einer Präzision präsentiert, dass man die Jungschauspielerin und ihre Rolle nur gut finden kann. Aber eigentlich sollte es ja nicht um die Johnny-Depp-Tochter gehen. Sondern um Loïe Fuller. Die aber nur mit einer langen Tanzszene, nach ungefähr 45 Minuten, die Wertschätzung erfährt, die ihr zusteht. Und genau in diesem Moment sieht man nicht, das es sich bei der Schauspielerin um Soko handelt. Allein die Performance, die Lichter und die grazilen Bewegungen überzeugen.

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