Dionysos – Haiku

Nein, das konnte man aus dem Land der großen Chansonniers, der House-Spezis und Retro-Könige nicht erwarten. Eine richtige Rockband aus Frankreich? Und was für eine. Dionysos haben das Händchen für herzergreifende, melancholische Melodien, die sich aus verirrten Synthesizerläufen und anderen Ansammlungen von Sondermüll schälen. Und Dionysos rocken. Sanger Mathias Malzieu erinnert an den jungen Steve Harley (Cockney Rebel), die Band spielt, als hätte sie eine neue Glücksdroge entdeckt und auf der Stelle ausprobiert. HAIKU, im April 1999 in San Francisco aufgenommen und ein halbes Jahr später in Frankreich, Belgien und der Schweiz erschienen, hat jetzt auch den Weg in den deutschen Plattenhandel gefunden. Dank sei den Talentscouts des Hamburger LÄge D’Or-Labels,die sich in Zukunft vermehrt um Bands aus ganz Europa kümmern wollen. Mit Dionysos ist ihnen schon mal ein ganz dicker Fisch ins Netz gegangen. Das Quintett aus Valence streift durch die Rock-History im Stile einer Horde von jugendlichen Raubrittern und nimmt mit, was nicht niet- und nagelfest ist -freigegeben zur nachträglichen Verfremdung. Unter den 15 Tracks finden sich eine 17-minütige Collage mit Bettkantengeflüster, ein seltsamer Rumpelrocker namens „Mandarine“, Gitarrengezirpe von direkt unter dem Küchentisch („Wedding Idea“) und die Folk-Punk-Hymne der Saison („Nicholsong“). Und die Texte, das hätten wir vor Begeisterung fast vergessen, sind definitiv hübsch: „Christmas trees are eating the pavement/ the pavement is eating old ladies“.