Dissidenten – Out Of This World
Die Dissidenten leben nicht länger im Exil. Nach zehn Jahren musikalischer Erkundung des Globus schlugen sie ihr Hauptquartier 1989 wieder in Berlin auf. Und ihr viertes Album kommt nicht mehr über Independent-Kanäle unters Volk, sondern erscheint auf dem Sire-Label. Dort sind Bassist und Gitarrist Uve Müllrich, Keyboarder und Drummer Marion Klein, Flötist Friedo Josch und ihre vielen Kollaborateure mit der heiligen Madonna und David „Baby“ Byrne in bester Gesellschaft – Byrne war es schließlich auch, der sich als Bewunderer der Dissidenten bei Sire-Scheich Seymour Stein vehement für sie stark machte. Das tat er völlig zu Recht, wie das neue Album zeigt. Denn hier kommen wahrlich nur die besten Zutaten der verschiedenen Kulturen zusammen. Das Rhythmus-Duo Müllrich/Klein treibt mit hypnotischem Tanz-Beat die swingende Karawane vorwärts; Josch würzt mit verführerischen Flötentönen; mehrere arabische Sänger übernehmen wechselseitig oder zusammen die Position am Gesangs-Mikro, und schon dadurch ergeben sich immer wieder neue klangliche Schattierungen und spannende Wendungen. Außerdem haben die Dissidenten mindestens drei weitere starke Trümpfe auf der Hand: Erstens das Königliche Nationalorchester Marokkos, dessen exzellente Streicher mit ihren schrägen Vierteltönen Kontraste zum pulsierenden Elektronikbeat, zur sparsam dosierten Funk-Gitarre oder zu den sphärischen Keyboards setzen. Zweitens die unwiderstehlichen Melodien der Songs, die trotz ihres orientalischen Charakters zum Mitsingen und -pfeifen animieren. Drittens schließlich besorgte Marion Klein eine Produktion, die auch verwöhnten Ohren nicht weh tut. „This Is Not America“ heißt der letzte Song – wohl wahr, und zum Glück. Die 90er Jahre sind zwar noch sehr, sehr jung, doch es erscheint nicht allzu gewagt, zu behaupten, daß den Dissidenten das erste großartige Album des Jahrzehnts gelungen ist.
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