Diverse – Immediate – The Singles Collection :: Der Talentschuppen

SWINGING SIXTIES POP

Verrückte waren 1965 in Swinging London gefragt. Und Andrew Loog Oldham war zweifelsohne verrückt. Als Manager hatte er bereits die wüsteste Popgruppe von allen kreiert, die Rolling Stones. Und als latent größenwahnsinniger Zampano wollte er alles auf einmal sein: hyperaktiver Impresario, millionenschwerer Business-Hai, erfolgsverwöhnter Platten-Produzent, genialer Komponist. Also gründete er sein eigenes Label, nannte es Immediate -Pop war schließlich hier und jetzt – und verpasste dem Unternehmen den coolen Sinnspruch „happy to be a part of the industry of human happiness“. Fehlten nur noch Künstler und Hits. Am 19. August 196s hatte er auch die am Start: Die McCoys veröffentlichten auf Immediate ihre erste Single „Hang On Sloopy“ und landeten prompt einen Top Five-Treffer. Zwar erwiesen sie sich letztlich als Eintagsfliege, mit anderen Acts bewies Oldham indes gutes Cespür. So debütierte die junge Nico im seinem Talentschuppen als unschuldige Folksängerin, bevor sie mit Velvet Underground und als Warhol-Muse zu Weltruhm gelangte. Oldhams Starthilfe genossen überdies The Nice mit dem jungen Keith Emerson, die US-Truppe The Turtles, die frühen Fleetwood Mac mit Peter Green sowie Bluesrock-Röhre Chris Farlowe. Auch ein junger Strubbelkopf namens Rod Stewart ließ sich zuerst als Immediate recording artist vernehmen. Gleiches taten kurzfristig auch John MayaN’s Bluesbreakers mit Eric Clapton. Zur künstlerisch potentesten Truppe jedoch entwickelten sich die Small Faces mit Mastermind Steve Marriott, Ronnie Lane, Kenny Jones und lan MacLagan. Die kleinwüchsige Cockney-Kapelle mit dem Hang zur auffälligen ModGarderobe etablierte sich schnell als eine der größten, Hits wie „Lazy Sunday“,“Tin Soldier“,“Here Come The Nice“ oder „The Universal“ brachten das nötige Kleingeld in Oldhams Kriegskasse. Ein Umstand, der ihn auch Flops überstehen ließ, beispielsweise die künstlerisch viel versprechende Verpflichtung von Goldie Zelkovitz, bis dahin stimmgewaltige Anführerin der US-Girl-Band Goldie & The Gingerbreads. Erst Jahre später sollte Zelkovitz als Genya Ravan von sich reden machen. Zu den Rohrkrepierern gehörte auch Glyn Johns; der sich auf sein bemerkenswertes Talent am Mischpult konzentrierte, nachdem seine Single „Mary Anne“ sage und schreibe 93 Exemplare verkauft haue. Weitere Künstler, die allenfalls als Fußnote in die Labelgeschichte eingingen: ein gewisser Charles Dickens, der sich erfolglos an der Jagger/Richards-Komposition „So Much In Love“ versuchte, und Duncan Browne, der erst zehn Jahre später mit „Wild Places“ einen Monsterhit landen sollte. 1970 ging Immediate die Puste aus, trotz eines letzten Megahits, Amen Corners „If Paradise Is Half As Nice“, mussten Oldham und sein Partner Tony Calder Konkurs anmelden. Was blieb, war ein Katalog, der wie kaum ein anderer die quirlige britische Popszene in der zweiten Hälfte der 60er Jahre dokumentiert. Obskures, Großes, Läppisches und Liebenswertes – hier sind auf sechs CDs sämtliche Immediate-Singles versammelt. Ausgestattet ist die Box mit Liner Notes von David Wells, seltenen Fotos und jeder Menge akribisch recherchierter Fakten. Eine wahre Fundgrube!

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