Eels – Blinking Lights And Other Revelations :: Liebe, Tod und Einsamkeit
Seit Einführung des digitalen Tonträgers kranken viele Alben an öder Überlänge. Nur wenige Künstler haben das Potential, ihre Hörer 80 Minuten lang zu fesseln -oder zu foltern, wie es unlängst die wundervollen The Mars Volta schafften. Und während Bright Eyes mal eben zwei Sechzigminüter gleichzeitig auf den Markt werfen, gehen die Eels wie immer eigene Wege: Nur zehn Minuten weniger, und blinking lights and other REVELATIONS hätte die Speichermenge des Mediums komplett ausgeschöpft. Doch Mark Everett, der sich früher schlicht „E“ nannte, präsentiert auf zwei CD-Scheiben zwei Platten von klassischer Vinyllänge (45 Minuten) – wobei es stimmungstcchnisch auf der ersten bergab, auf der zweiten gaaanz zaghaft wieder bergauf geht. Dem eigenartigen Eigenbrötler war nach Katharsis zumute, nicht nach Kompromissen. Musik, sagt er, habe sein Leben gerettet, blinking lights sei sein Hauptwerk, vier lahre hat er in seinem heimischen Studio daran gefeilt und das, obwohl er scheinbar Genialisches aus dem Ärmel schüttelt wie andere Musiker Platitüden. Aber schließlich geht es Everett um die ganz großen Themen, um Leben und Tod, Liebe und Einsamkeil, Gott und die Welt. Ob akut oder überwunden, immerkreist das Album um dunkle Verzweiflung wie Materie um ein Schwarzes Loch. Mit angerauhter Stimme singt sich der „Kurt Vonnegut des Rock“ („Rolling Stone“) durch melancholische Pianoskizzen, durch kompakten Feelgood-Pop („Old Shit/New Shit“), durch schräge Experimente („Going Fetal“). Aber selbst potentielle Sommerhits wie das euphorische „Hey Man („Now You’re Really Living“). die Optimismus im Titel tragen, klingen wie getränkt vom Kummer vergangener Tage. Wehmut tropft aus Songs mit so schönen Titeln wie „Theme For A Pretty Girl Thal Makes You Believe God Exists“, die als Interludes den Hörer zum Luftholen einladen und BLINKING LIGHTS wie den Soundtrack einer Tragikomödie klingen lassen. Wie schon auf früheren Platten steuert R.E.M.-Gitarrist Peter Buck hier und da sein Banjo bei, und ausgewiesene Eels-Fans dürfen sogar ans Mikrophon. Tom Waits meinte mal, er warte sehnsüchtig auf jede neue Eels-Platte – nun ist er selbst dabei. Und weil sich Everetts Hund nicht aus dem Studio vertreiben ließ, darf er das Solo bei „Last Time We Spoke“ jaulen. Selten lagen Komik und Tiefe, das Bittere und das Süße im Pop so dicht beieinander. Die mal schmelzende, mal funkelnde Platte schließt zwar mit einem Abgesang des Sängers auf sich selbst („Things My Grandchildren Should Know“), sorgen muß man sich aber nicht: „So in the end I’d like to say / I’m a very thankful man /I tried to make the most of my situations / And enjoy what I had“.
VÖ: 25.4.
www.eelstheband.com
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