Electric Soft Parade – The American Adventure

Versetzen wir uns kurz in die Lage eines DJs, der, als einst die Börsen krachten, den göttliche Auftrag bekam, die Erde mit Musik ein wenig aufzuheitern. Scheißjob sowieso, aber mittlerweile erst recht. Was soll er jetzt. im Jahr drei der Wohlstandsdepression noch auflegen? Wer hätte denn gedacht, dass die Krise so lange dauert? Die Plattenkiste ist ausgeschöpft: Opulenzhymnen, Dekadenzkrach. Protestsongs haben ihre Durchhaltepulververschossen. Und dann ist auch noch Winter! In so großer Not gilt die alte DJ-Tugend: Wenn gar nichts läuft, funktioniert Altbewährtes immer noch am Besten. Also weg mit dem Ami-Kram und her mit: Britpop. Ja, Überraschung, da ist es wieder, das böse Wort. Tut doch gar nicht mehr so weh, oder? Provoziert haben dieses Revival zwei Brüder, herrje, tatsächlich wieder zwei Brüder, diesmal allerdings aus Brighton. Grofie Aufmerksamkeit wurde ihrer Band The Electric Soft Parade bereits für das Debütalbum im Februar 2002 zuteil, allerdings war es eine Aufmerksamkeit von flüchtiger Natur. Zu viel passable, junge Bands aus diesem Lager logierten damals noch im Ohr, hießen: Starsailor, I Am Kloot, JJ72. Elbow. Turin Brakes und waren in Optik und Sound schwer zu unterscheiden. Heute sieht das anders aus. Die eiligen Nachfolgewerke der oben Genannten boten nichts, das der Gitarren-Orkan des „The „-Pöbels nicht übertönt hätte. Die britische Psychpop-Welle war ausgesurft, Schaumkronen sind eben keine echten Kronen.

Nun aber die gewitzten, multiinstrumentalen Brüder White: Sitzen zwei Jahre stillvergnügt in ihrem Studio in Brighton, kiffen bis das Keyboard brennt und wollen nichtsam Hut haben mit der englischen Poptristesse um sie herum. Im Gegenteil: Sie pfeifen auf die Insel, machen lieber theamerican adventure. Dieser transatlantische Anspruch ist aber glücklicherweise nicht mehr als eine Floskel, denn das Album wurde ein durch und durch britisches Indiepop-Vergnügen (mal abgesehen von ein paar Grandaddy-Schnipseln im Mittelteil]. Schon das erste Lied namens „Things l’ve Done before verdeutlicht, wie hier die Forderungen aussahen: Hey, Lässigkeit und Melodien und. hey, jugendliche Spielfreude, paart euch doch mal wie zuletzt so etwa 1996! Für den Opener gilt, wie für das ganze Album: kluges Understatement, unterhaltsame Tiefe und einer Portion Knabenrotz trifft den Zeitgeist. Und zwarvia asskickende Punktlandung.

Hier, das fantastische „Lights Out“, das vermutlich alle weiteren Songs der geschätzten Band Supergrass überflüssig macht. Im Anschluss gleich das schnörkellose Kleinod „The Wrongest Thing In Town“. zu dem man sich in der nächsten Pfütze ertränken möchte, wäre Was die ersten Lieder des Aibums an Schnelligkeit und Frische vorlegen, schluckt der Mittelteil kommentarlos mit konzentrierter Sphäre. Synthesizern und Geigen. Weiß der Himmel, wo die beiden Jungs mit Anfang zwanzig die Gelassenheit dafür her nehmen. Ebenfalls weiß vermutlich nur der Himmel, wie sie es anstellen, dass sie lund der Hörerl dann das einlullende Klangsofa mit einem Ruck vergessen und wieder kristallklar zum Schlussprunk“.Existing“ kommen. Diese Platte ist keine neue Erfindung. The Electric Soft Parade sind besonnen ans Werk gegangen und haben das gemacht, was sie am Besten können. Altbewährtes eben. Und wenn das immer so gut klingt wie auf the american adventure, kann die Krise ruhig noch ein bisschen dauern.