Electronic Vibration :: von Gabriele Klein (Rogner & Bernhard/2001, 350 Seiten, 36 DM)
ROGNER & BERNHARD/2001, 350 SEITEN, 36 DM
Analyse ist angesagt, lautet der Untertitel dieses Wälzers zum aktuellen Stand der tanzbaren Muse doch „Pop Kultur Theorie“. Wer schon immer ganz genau wissen wollte, wer warum wie und wo Techno kreiert oder rezipiert,findet in ELECTRONIC VIBRATION die Antworten: faktisch fundiert und überaus tiefgreifend, aufgrund einer allzu akademischen Diktion bisweilen jedoch so unterhaltsam wie eine Diplomarbeit – ständige Quellenangaben inklusive. Substantiell interessant sind Kleins Ansätze allemal, wenn sie beispielsweise darlegt, warum die unter Intellektuellen liebgewonnene Trennung zwischen der Kulturindustrie da oben und den Konsumenten da unten heutzutage kaum noch haltbar ist. Eines scheint jedoch paradox: Einerseits stellt die Autorin völlig zu Recht fest, dass Techno in erster Linie als Spaß oder neudeutsch Fun zu begreifen sei. Andererseits hält sie es aber offensichtlich für notwendig, derlei unschuldigem Amüsement 350 Seiten lang einen theoretischen Unterbau angedeihen zu lassen, der jedem Egghead zur Ehre gereicht. „Typisch deutsch“, wird jetzt typisch deutsch gemurmelt, und man denkt mit Grausen daran, was noch kommen könnte: Vielleicht eine Doktorarbeit, die empirisch nachweist, dass neuere Erkenntnisphilosophie und Mainzer Karnevalszüge auf diachronischer Ebene von jeher zu wechselseitiger Befruchtung neigen? Merket auf: Spaß ist nicht einfach nur Spaß und darf nicht einfach nur Spaß machen. So seriös recherchiert und umgesetzt ELECTRONIC VIBRATION auch sein mag, man fragt sich, wer die potenziellen Leser sein könnten: Raver, die auf höherer Bewußtseinsebene abhotten wollen? Wohl kaum. So ist die Gefahr recht groß, dass der intellektuelle Masturbationszirkel mal wieder geschlossen wird. Und der geht so: Soziologin Gabriele Klein schreibt für andere Soziologen, Musikjournalisten für ihre Kollegen und Diedrich Diederichsen in dubio für sich selbst. Und der Masse des Techno-Volks, die mit einer Kapitelüberschrift wie „Mimesis und kulturelle Praxis“ so auf Anhieb irgendwie wenig anfangen kann, bleibt nichts anderes übrig, als weiterzutanzen. Und Spaß zu haben, einfach so.
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