Enik – The Seasons In Between

Natürlich ist das Quatsch da auf dem Cover: dieser Typ und ein Rehkitz – in trauter Einigkeit. Doch nur. weil es ausgestopft ist, sonst würde es nämlich schauen, daß es schleunigst ein paar Meter zwischen sich und diesem fiebernden Tier mit der dunklen Mähne und den schwarz umrandeten Augen bringt: Denn Enik ist der Wolf! Das kann man vor allem hören: In ihm wohnt die Bestie, ein Mr. Hyde mit vier Pranken, er holt sein Heulen dort her, wo auch am Tag kaum Licht hinkommt, knurrt aus Überzeugung, kläfft und gurrt und gurgelt sein Innerstes hervor. Natürlich ist das im Ergebnis ein ziemliches Theater; an Theatralik fehlt es deshalb auch der Musik nicht, die den Münchner von Pontius zu Pilatus führt, von Pathos zu Paranoia, von der elektronisch überladenen, gewissermaßen funkgestörten Rockballade zum funkensprühenden Industrial-Boogie, zum Laptop-generierten Stolper-Jazz. Und natürlich wurde the seasons in between nicht weniger als gnadenlos überproduziert und überarrangiert, weil Enik viel zu viel will auf seinem ersten Album. Weill und Raznor und Waits und Prince und Bowie (Outside, nicht Let’s Dance!) will er sein – in nur einem Stück. Und beim nächsten Song schon vier, fünf, sechs andere Welten in seiner Hand halten. Da geht einem schnell die Puste aus. soll man ihm solche Lasten tragen und ertragen helfen. Allerdings geht von Werk und Künstler auch eine zu große Faszniation aus, um sich gleich wieder irgendwelchen Mittelmäßigkeiten in Rock und Roll, die immer gehen, die man nicht bereuen muß, hinzugeben. Hier besteht einer auf große Fallhöhe, beansprucht für sich die Möglichkeit, grandios zu scheitern. Nein, das ist nicht gleich gut, weil es selten mutig ist. Risiko und Größenwahn sind sicherlich nicht Argument genug, um jemandem wie Enik seine Aufmerksamkeit zu schenken. Und doch darf gefragt werden: Wann hat (zudem hierzulande) zuletzt einer sein Ego, seine Stimme, seinen Willen so weil herum spazieren geführt?

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