Extrabreit, Hamburg, Große Freiheit 36

Extrabreit? Extrabreit! Nach und nach tauchen sie alle wieder auf, die zu Unrecht geschmähten Neue-Deutsche-Welle-Veteranen und werkeln auf unterschiedlichste Weise an einem Comeback. Hubert Kah ging in Studio-Klausur, Kai Havaii und seine Extrabreiten hingegen versuchend auf „ehrliche“ Ochsentour und geben erstmal Konzerte, bevor sie sich mit neuen Tonträgern auf den Markt trauen.

Sie selbst bezeichnen die Konzerte als „Tests“, was wohl darauf hindeutet, daß Extrabreit ihrer neuen musikalischen Gangart selbst nicht so recht trauen.

Mit gutem Grund: Fast überflüssig zu erwähnen, daß mittlerweile auch die ehemaligen „Schulanzünder“ zur englischen Sprache übergelaufen sind,

was zwangsläufig die Aufmerksamkeit, speziell beim Live-Gig, auf die Musik konzentriert.

Genau hier hätten Extrabreit entscheidende Veränderungen vornehmen müssen. Statt dessen: Wohlbekannte Rock-Klischees, in traditionell besetzter Fünfer-Formation, werden wenig inspiriert zu konturlosen Songs montiert, die schwerfällig/angestrengt heruntergespielt werden.

Damit haben Extrabreit ihre einzige Stärke preisgegeben: Der ungehobelt naiv-direkte Witz ihrer früheren Hits, der ja immerhin harmlose, aber ironische Pop-Anarchie verströmte, ist dahin. Und als deutsche Band vor einheimischem Publikum in englischer Sprache über Kommunikationslosigkeit zu lamentieren („Talkin‘ Talkin'“), ist schon ein schlechter Scherz, der zumindest von Orientierungslosigkeit zeugt. Der internationale Markt, auf den Extrabreit möglicherweise schielen, wird’s mit Sicherheit ignorieren, denn musikalisch gibt’s selten mehr als flachen Mainstream-Rock zu hören.

Stefan Kleinkrieg, von der alten Besetzung noch mit an Bord, spielt eine technisch saubere Gitarre, die in den besseren der neuen Songs, wie „For Arabia“ oder „He’s A Rouge“ für Tempo und Dichte sorgt, aber, wo es sich anböte, nicht konsequent genug in die Heavy-Attacke geht. Bassist Hunter ist ebenfalls noch dabei, neu hinzugekommen sind Michael Gaßmann (dr) und mit Peter Szimanneck (key) noch ein ‚alter‘ NdW-Kämpe (Nichts), der zuletzt bei der Hagener Band The Riffs mitmischte. Kai Havaii mühte sich nach Kräften, das murrende Publikum auf die neuen Songs anzutörnen, und es dauerte tatsächlich eine geschlagene Stunde, bis mit „Flieger, grüß mir die Sonne“ die dicht gefüllte „Große Freiheit“ so richtig lostobte. Ein Strohfeuer, denn danach kühlten Extrabreit die Party-Stimmung mit einer faden „Virginia Plain“-Version schnell wieder ab.

Wie schon gesagt: Diese Gigs sollen Tests sein. Wenn Kai Havaii und seine Jungs die richtigen Schlüsse daraus ziehen, können sie durchaus die Kurve kriegen, denn sie sind eine durchaus druckvolle Club-Band. Aber das Versteckspiel hinter den englischen Texten (wenn man kein besseres Songmaterial zur Verfügung hat) führt nirgendwo hin.