Fette Welt

Nachdem er selbst einige Monate unter Berbern gelebt hatte, verfaßte der Münchner Helmut Krausser FETTE WELT als Abschluß seiner semi-autobiographischen Romantrilogie über den Lebenskünstler Hagen Trinker. Halb Bestandsaufnahme des Lebens auf der Straße, halb schleierhafter Alp über einen mysteriösen Serienmörder, versetzte das Buch den Leser in einen rauschartigen Schwebezustand zwischen brutaler Realität und philosophischem Ich-Monolog. Jan Schüttes Filmadaption kappt nun die Krausser so wichtige Meta-Ebene.

Eine Entscheidung, mit der man leben kann, wenn das filmische Ergebnis so gut ist wie hier. Fernab der Villen und schmucken Lofts präsentiert der Hamburger Filmemacher München von ganz unten, ohne jeden Anflug von Glamour. Diese FETTE WELT ist so prügelhart wie der Asphalt, auf dem die Obdachlosen pennen müssen. Hatte Trinker bei Krausser seinen sozialen Abstieg erst begonnen, ist er bei Schütte bereits am Boden aufgeschlagen. Ohne Hoffnung und Zukunft driften der Held (jenseits jeglicher Eitelkeit: Jürgen Vogel) und seine Genossen im Rauschzustand durch eine menschenunwürdige Existenz, bis Hagen eine 16jährige Ausreißerin kennenlernt und zumindest wieder um sein Leben zu kämpfen beginnt. Ausgang ungewiß… Jan Schütte entwickelt in seinem Kosmos konzentrierter Katastrophen eine Poesie, die nichts beschönt oder verschweigt und im Treibgut der Gesellschaft doch eine Menschlichkeit entdeckt,die Filmen – und dem Leben kurz vor dem Millennium – allzu oft fremd ist. Das ist hart, aber unbedingt notwendig.