Fine young cannibals :: London, Hammersmith Palais

Mundfaul zeigten sich die gefeierten Newcomer beim Interview vor dem Konzert. Und gesprächig waren Roland Gift & Co. auch nicht abends bei den Ansagen zu den einzelnen Songs. Lampenfieber und Publicityscheu sind noch Tugenden ihrer wachsenden Popularität.

Doch was soll’s: Mit ihrer Musik vermitteln die Cannibals aus Birmingham eine „Botschaft“, die keiner analysierenden Erläuterung bedarf. Nicht zu Unrecht werden Roland Gift und die beiden Ex-Beat-Mitglieder David Steele (bs) und Andy Co. (g) in London als die Newcomer des letzten Jahres gefeiert.

Ihr Debüt-Album FINE YOUNG CANNIBALS offerierte eine exquisite Mixtur moderner und historischer Stile: Soul und Jazz, Blues und Reggae, Gospel und Pop feierten eine neue und individuelle Synthese, und genau diese präsentierten die Cannibals mit drei Gastspielern und einem schwarzen Gospel-Trio bravourös auf der Bühne. Der spröde Rhythmus mit erkennbarem Beat-Ska-Drive riß das ausverkaufte Auditorium in seinen Bann. Gitarrist Andy Cox verwirrte mit hastigen, dennoch pointierten Griffen sowie gummitwist-artigen Tanz-Einlagen. Harsch und bullig hingegen wirkten Steels Fingerwerkeleien, massiv und dominierend stand sein volles Baß-Volumen im Raum. Der Kern der Show aber war Roland Gift. Ein Sänger, der in seiner Intonierung eine Spannbreite absteckt, die Soul-Helden wie Otis Redding, Al Green oder James Brown ins Gedächtnis ruft. Ob er zu den wuchtigen Instrumentierungen der Gruppe sang oder zusammen mit den Chor-Ladies acapella den Gospel-Traditional „Wade On The Water zelebrierte, stets ging er mit Leidenschaft in seiner Aklion auf.

Höhepunkte waren die grandiose Version des Buzzcock-Klassikers „Ever Fallen In Love“, Elvis Presleys Herzschmerz-Bonbon „Suspicious Minds“ und die beiden eigenen Hits „Blue“ und „Johnny Come Home“.

Letztere lieferten die Cannibals noch zum zweiten Mal als Zugabe ab. Trotzdem war nach 60 Minuten Schluß. Es mangelt halt noch an genügend Repertoire. Hier sollten Gift, Steele & Cox künftig arbeiten, wollen sie nicht von vornherein ihr Potential und ihren gerechtfertigten Aufstieg aufs Spiel setzen…